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Stellungnahme zum Anhörungsverfahren der Enquete-Kommission 18/1

11.01.2023  |  Kommentare: 1

Technischer Hochwasserschutz in der Fläche

„Technischer Hochwasserschutz, natürliche Hochwasservorsorge, Erosionsschutz, Wasserrückhalt und Retention, am 11. Oktober 2022 im Mainzer Landtag.

Von Prof. Dr. Dietmar Schröder, Bauer, Bodenkundler, engagierter Bürger.

Vorbemerkungen

Der oft geforderte und beschworene „ganzheitliche Ansatz“, sollte auch zu diesem Fragenkomplex beachtet und verfolgt werden. Ursächlich für Schäden im Ahrtal sind Starkregen im gesamten Einzugsgebiet. Je stärker jedoch die Versickerung der Regentropfen am Ort des Aufpralles ist, desto geringer sind der Abfluss in Bäche und Flüsse und die möglichen Schäden. Folglich muss auf diese Problematik das Hauptaugenmerk gerichtet werden. Da etwa drei Viertel der Fläche des Einzugsgebietes land- und forstwirtschaftlich genutzt wird, haben vorrangig auf diesen Flächen Rückhaltemaßnahmen in Form

A. ANGEPASSTER BEWIRTSCHAFTUNG zu erfolgen. Denn Wasser, das dort zurückgehalten wird, kann auf seinem langen Weg zum Meer keinen Schaden mehr verursachen. Es braucht als Gefahr nicht prognostiziert, beobachtet und abgewehrt zu werden. Doch die Möglichkeiten, den Abfluss durch optimierte angepasste Bewirtschaftung zurückzuhalten, sind begrenzt. Deshalb muss dennoch abfließendes Wasser durch

B. ERDWÄLLE auf der Hangunterseite besonders gefährdeter Flächen/Felder zurückgehalten werden. Dieses Speicherpotential ist theoretisch nahezu unendlich. Es ist abhängig von dem Anteil der eingepolderten Flächen im Einzugsgebiet und der Höhe der Erdwälle. Zeitnah sollten besonders abflussgefährdete Flächen (von denen bisher Abfluss erfolgt ist) als Speicher genutzt werden; bei Bedarf wären weitere hierfür einzurichten. Insgesamt muss auf den Agrar- und Forstflächen aber nur so viel Wasser zurückgehalten werden, dass der Restabfluss keinen Schaden verursacht.

Doch auch in diesem Zusammenhang ist die Komplexität der Aufgabe zu beachten. Denn der Abfluss, vor allem von Agrarflächen, führt in der Regel Nutzstoffe für den Acker mit sich und zudem Schadstoffe für die Gewässer. Die sogenannten Feldpolder halten diese Stoffe und den Schlamm weitgehend durch Sedimentation zurück, so dass Felder und Gewässer Nutzen davon haben. Und zurückgehaltenes Wasser kann nicht Unterlieger schädigen – z.B. auch nicht das benachbarte Erdbeerfeld:

15.9.2022: „Kreisverwaltung Ahrweiler. Bisher bereits 1,2 Mio. Euro Finanzhilfen an Landwirte und Winzer für Ernteausfälle und Entsorgungskosten ausgezahlt“.

Oder 2016 ein Dorf im Kreis Ahrweiler: Es sind mehr als 40 Keller vollgelaufen (direkt vom Abfluss höher liegender Äcker, nicht von einem Bach). Die Schäden betrugen hunderttausende Euro; ein Mensch wäre im Keller fast umgekommen – weil der Amtsschimmel träge war, Landbewirtschafter nicht umgestellt hatten/haben und keinen schützenden Wall auf ihren Flächen, die das Wasser geliefert haben (Verursacherprinzip), dulden wollten. Wer diese Erfahrung gemacht hat, dem schwillt der Kamm ob der jahrelang mangelnden Vorsorge (in den Amtsstuben) die viel billiger gewesen wäre, als die Beseitigung der Schäden.

Zurückgehaltenes Wasser bedeutet einerseits Schadensvermeidung, wird darüber hinaus aber auch vor Ort benötigt (zunehmende Trockenphasen), so dass die Feldpolder multifunktional wirken können. Wasser, das auch Feldpolder nicht zurückzuhalten vermögen, kann

C. IN AUEN KASKADENFÖRMIG GESPEICHERT werden und ebenfalls

D. IN GRÖSSEREN RÜCKHALTEBECKEN, STAUSEEN UND TALSPERREN.

Wir haben nach dieser Konzeption also eine vierfach gestufte Möglichkeit, Wasser zurückzuhalten (zugleich Prioritätenabfolge).

Viele weitere Details finden sich in den umfangreichen Anhängen.

Bei Umsetzung dieser Konzeption fällt die Hauptaufgabe der Landwirtschaft zu. Sie muss unterstützt werden. In den Siedlungen und gegenüber der sonstigen Infrastruktur sind dennoch/ebenfalls Schutz- und Rückhaltemaßnahmen zu treffen. Schutz ist dort im Wesentlichen Objektschutz. Rückhaltung geschieht aber ebenfalls; vorrangig durch Zisternen, Dachbegrünungen, Rigolen, durchlässige Bodenbeläge usw.; s. auch „Schwammstädte“; er muss also auch von Landwirten gefordert werden. Denn insgesamt ist ein effizienter Schutz der Siedlungen vor Außengebietswasser nur durch die Rückhaltung auf landwirtschaftlichen Flächen möglich. Deshalb haben Aktivitäten dort die höchste Dringlichkeit. Sie haben parallel zum Wiederaufbau zu erfolgen. Eigentlich baut man sogar zuerst das Fundament und dann das Dach – zumindest konzeptionell.

Je umfassender Aufgaben auf den (großen) Ackerflächen erledigt werden, desto weniger bleibt in den Kommunen, engen Tälern und für die Sicherung der Verkehrsinfrastruktur zu tun, desto preiswerter und sicherer wird das gesamte Schutzvorhaben. Rückhaltung auf Ackerflächen ist zudem je Kubikmeter Speicherraum auch bedeutend preiswerter als in großen Becken.

Zu den 6 Leitfragen der Enquete-Kommission

Zu 1 und 2: „Technischer Hochwasserschutz“, wie z.B. die Errichtung von Dämmen, Spundwänden und Abflussleitungen zum Schutz der Siedlungen dienen lediglich der Weiterleitung, ermöglichen aber keine Rückhaltung; sie stellen vielmehr eine Gefahr für die Unterlieger dar; (im Unterlauf der Ahr wurden weit mehr Brücken zerstört, als im Oberlauf).

Ähnlich ist auch die Situation bei Renaturierungen/„natürlichem Hochwasserschutz“. Es ist eine Entschleunigung des Abflusses erreichbar, aber keine wesentliche Rückhaltung, es sei denn, Renaturierungen sind mit Vergrößerungen der Überflutungsfläche verbunden. Beide Möglichkeiten der Vorsorge wurden in der Vergangenheit ausgiebig, unter Aufbietung außerordentlicher Finanzmittel genutzt; sie haben aber lediglich punktuell Bedrohungen und Schäden gemindert. Ansonsten hätten wir nicht weiterhin außerordentliche Gefährdungen und Schäden zu beklagen gehabt. Beide Schutzmaßnahmen sind auch schwierig gegeneinander abzugrenzen. Ein kleiner Feldpolder ist vermutlich eine natürliche, dezentrale Rückhaltung; ein großes Staubecken hingegen ein zentrales technisches Bauwerk.

Zu 3: „Hemmnisse sind“: Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren und verschiedenste kommunale und regionale Zuständigkeiten, während die natürlichen Gegebenheiten völlig unabhängig von politischen Grenzen sind. Deshalb ist ortsübergreifende Planung von zentralen Kompetenzzentren anstelle von „Kleinstaaterei-Entscheidungen“ zu erledigen.

Freiwillige Partnerschaften sind ergänzend „schön und gut“, das ehrenamtliche Engagement ist verdienstvoll. Bevölkerungsschutz ist aber eine hoheitliche Aufgabe und sollte auch die entsprechende Stellung, Rückendeckung, Verpflichtung, und nicht zuletzt Kompetenz haben. Deshalb müssen politische Entscheidungsträger (von Kommunen bis zum Bund) und ihre Dienststellen den großen Rahmen abstecken und großräumige Planungen vornehmen, die von örtlichen Partnerschaften unterstützt werden. Allein an mangelnder Klarheit der Entscheidungswege scheitern viele pragmatische Lösungen; dadurch entsteht viel Leerlauf und zeitliche Verzögerung.

Hemmnisse sind auch fehlende rechtliche Bestimmungen zur Durchsetzung von Schutzmaßnahmen. Eigentümer müss(t)en z.B. kleinste Flächen für die Errichtung von Wällen tauschen, verkaufen oder verpachten, auch Flurumlegungen zustimmen; sie können dazu aber bisher nicht veranlasst werden. Dadurch scheitern oft selbst durchgeplante, gutachterlich empfohlene Maßnahmen. Zudem können Bewirtschafter bisher nicht zu abflussschonender Bewirtschaftung gezwungen werden, so dass die „Gelbe Flut“ weiterhin von ihren Äckern strömt.

Zu 4: „Potentiale natürlicher Wasserrückhaltungen in der Fläche und an Gewässern, sowie technische Retentionen in Rückhaltebecken und welche Anforderungen sollten künftig gestellt werden“?

Zu den natürlichen Rückhaltungen zählt der Autor die angepasste Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Flächen einschl. der Intensivkulturen und die dezentralen Feldpolder; zu den technischen die kleineren Rückhaltebecken in Auen und die größeren sonstigen Becken. Genaue Potentiale können nicht angegeben werden. Sie werden von den jeweiligen Verhältnissen bestimmt.

Für den Raum Bonn-Koblenz und das untere Ahrtal kann durch angepasste Bewirtschaftung jedoch von einem zusätzlichen Rückhaltepotential von 20-30 mm ausgegangen werden. Denn die in den Anlagen genannten schonenden Bewirtschaftungsmaßnahmen erhöhen die Infiltration, die Wasserdurchlässigkeit in den Untergrund und das Speichervermögen, so dass sich der Abfluss um den genannten Betrag vermindern kann.

Die Speicherkapazität der Feldpolder wurde als „theoretisch unbegrenzt“ benannt. Realistisch ist für das Einzugsgebiet aber ein Wert von ebenfalls 20-30 mm, (nur etwa 50 Prozent der Gesamtfläche sind Ackerflächen, davon würden vermutlich nur gefährdete Teilflächen eingepoldert, der Wald kann/muss durch entsprechende Maßnahmen aber seinen Abfluss künftig ebenfalls weitgehend zurückhalten). In der forstlichen Versuchsanstalt Tripstadt gibt es dafür viele Lösungsansätze. Grünland ist nicht erosionsanfällig, bedarf deswegen nur in sehr exponierten Lagen der Einpolderung.

In den kleinen wie großen Staubecken können jeweils ähnliche Größenordnungen der Rückhaltekapazität unterstellt werden, so dass nach grober Einschätzung insgesamt etwa 100 mm in den Großlandschaften/Einzugsgebieten zurückgehalten werden könnten. Der Anteil der vier Speicherformen wird in Abhängigkeit von der jeweiligen örtlichen Situation stark wechseln; als grobe Orientierungsgröße mag der Wert von 100 mm aber taugen. Tendenziell werden durch die erstgenannten beiden Maßnahmen eher höhere Rückhaltungen, durch Staubecken (mangels Flächen und Kapital) eher geringere Rückhaltungen realisiert werden können.

Zudem spielt in weiten Teilen der Einzugsgebiete der Schaden durch Fließgewässer überhaupt keine Rolle. Dennoch können ganze Dörfer von Sturzfluten, die direkt von ungeschützten Äckern oder Plantagen zufließen, geschädigt werden. Sie sind also ausschließlich durch Vorsorgemaßnahmen auf Landwirtschaftsflächen oder/und Umleitungen durch Dämme zu schützen. („Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“).

Zu 5: „Erosionsschutzmaßnahmen vor Ort umsetzen“. Erosion ist ein seit Jahrhunderten bekanntes und bedrohliches Problem und entsprechend gut untersucht worden. Schutzmaßnahmen sind bekannt (Basiswissen in der Landwirtschaft) und werden für sehr gefährdete Lagen eingefordert. Doch durch heute übliche intensive Bewirtschaftung großer Flächen mit großen Geräten (Bodenverdichtungen durch hohe Radlasten) ist die Erosionsgefahr gestiegen. Daher sind die Anforderungen an eine erosionsschonende, abflussmindernde Bewirtschaftung zu verschärfen. Details finden sich in den Anhängen.

Diese schonende Bewirtschaftung ist die, bzw. eine Voraussetzung dafür, dass 20-30 mm zusätzlich zurückgehalten werden können. Sie muss für gefährdete Standorte nicht nur empfohlen, sondern rechtsverbindlich vorgeschrieben werden (meine Vorschläge wurden von zuständigen Ministerien zwar ebenfalls empfohlen, aber nicht umgesetzt/durchgesetzt). Denn die Erosionsschäden auf dem Feld/am Boden sind oft nur schleichender Natur und werden daher ignoriert. Die Offsite-Schäden (z.B. Schlamm im Kanal oder Keller und Schadstoffe in den Gewässern) belasten „nur“ die Allgemeinheit (Externalisierung der VERMEIDBAREN Kosten/Schäden).

D.h., es liegt auch hierfür „kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem vor“. Das zu beheben, ist durch Zusammenarbeit von Umwelt-, Landwirtschafts- und Justizministerium auf Bundesebene möglich und dringlich. Die Ergebnisse, also die derzeitigen Bewirtschaftungsanforderungen, sind in einem entsprechenden Leitfaden an die Landwirtschaft bundesweit (Beratung und Landwirte) zu übermitteln; nötige Maßnahmen sind zu fördern und Verstöße zu sanktionieren. („Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“).

Zu 6: „Stauhaltungen“ sind eine Maßnahme von mehreren erforderlichen. Hier wurden für Agrarflächen vier verschiedene, aufeinanderfolgende, hervorgehoben. Zusätzlich sind etliche im Siedlungsbereich vorzunehmen. Flächen sind für große Staubecken nicht überall vorhanden. Der Landverlust ist für die Dämme nicht groß. Die Becken selbst (in der Regel Grünland) können weiter genutzt werden. Sofern das Futter verschmutzt wird, muss Entschädigung geleistet werden.

Schlussbemerkungen

Insgesamt ist also ein wirksamer und vor allem ein zügiger Schutz vor erneuten Bedrohungen möglich. Dazu bedarf es aber der Nutzung landwirtschaftlichen Sachverstandes und strikter Auflagen zur Bewirtschaftung der Flächen. Landwirte wissen zwar, wie sie optimiert bewirtschaften müssten, tun es aber aus verschiedensten – auch ökonomischen Gründen – nicht hinreichend, sie müssen also „gefördert und gefordert“ werden.

D. h., das Aufgabengebiet des Hochwasser- und Starkregenschutzes erweitert (verlagert) sich maßgeblich von der bisher federführenden Wasser- und Ingenieurwissenschaft zur Landwirtschaft. „Nur gemeinsam schaffen wir das“. Im Übrigen gibt es für die Rückhaltung im innerörtlichen Bereich gute Lösungen und Umsetzungen. Der Außenbereich, die Fernhaltung des Außengebietswassers, steckt hingegen noch in den Kinderschuhen.

Der Schutz hat aber „in Stadt und Land“ im gesamten Einzugsgebiet zu erfolgen. Kommunale Grenzen bei Planung und Durchführung sind zu überwinden. Unzureichende Rückhaltungen auf landwirtschaftlichen und forstlich genutzten Flächen sind die größten Versäumnisse und haben nun die höchste Priorität. Durchleitung sollte zur Ausnahme werden, weil sie Unterlieger zusätzlich belastet. Jeder sollte „vor seiner Tür – nicht weiterleiten, sondern zurückhalten“.

Weitere Informationen finden sich im Anhang. Skeptiker mögen in der Diskussion des Anhörungsverfahrens gerne ihre Vorbehalte/Zweifel/Fragen vorbringen. Denn das wichtigste innovative Kompartiment dieser vierteiligen Konzeption (die Feldpolder) konnte bisher nur in Teilen überprüft werden, da die Behörden zaudern. Doch nur, wenn tatkräftige Behörden/Dienststellen den/allen Landnutzern, auch denen in Siedlungen, die mögliche und gebotene/zumutbare Rückhaltung abverlangen, kann die Region den gebührenden Schutz erhalten.

Die angepasste Bewirtschaftung und vor allem die Feldpolder spielen dabei die entscheidende Rolle. Ohne die Rückhaltung auf den großen Flächen ist der Abfluss in den engen Tälern nicht beherrschbar und die Verfrachtung von Schadstoffen in die Gewässer nicht vermeidbar. Ich kann nicht erkennen, wie die Ahrregion und andere Regionen ohne Realisierung beider Schutzmaßnahmen künftig zu vertretbaren Kosten abgesichert werden können. Die in den Anlagen beschworene Hauptzielsetzung muss also lauten:

Rückhaltung vor Durchleitung.
Lautet die Devise hingegen weiterhin:
Durchleitung vor Rückhaltung, kommen wir vom Regen in die Traufe.

Diese Gefahr besteht z.B., wenn die Verklausungen nun beseitigt, Brücken höher gesetzt, und Häuser nicht wieder aufgebaut werden, aber nicht gleichzeitig eine außerordentliche Rückhaltung, vor allem nach A und B betrieben wird – was aber bisher nicht zu erkennen ist. Denn dann passiert, was wir durch Renaturierung in Auen verhindern wollen: Wir wollen durch Entschleunigung, (gute) Verklausungen im Auenwald und Verbreiterung des Talbodens die Fließgeschwindigkeit herabsetzen, den Abfluss entzerren und damit die Gefahren mindern.

Nehmen wir aber nun Häuser, Brücken und Verklausungen (als Prellböcke) im Ahrtal weg, fällt der Pegel im gesamten Flussgebiet geringfügig. (Wenn Verklausungen durchbrochen werden, fällt er oberhalb der Sperre deutlich ab, steigt unterhalb jedoch nur kleinräumig und kurzfristig mehr oder weniger an). Insgesamt nimmt dadurch die Überflutungsfläche ab. Doch die Strömungsgeschwindigkeit im verbleibenden Überflutungsbereich steigt erheblich an – und damit das Erosions- und Zerstörungspotential. Die Ahr wird/würde also zu einem noch reißenderen Strom im reduzierten/verengten Überflutungsbereich.

Um das aufgezeigte Szenario zu verhindern, ist die Rückhaltung vor allem nach A und B unerlässlich – aber schnell, bevor der nächste Starkregen kommt. Ansonsten bliebe die gesamte erneuerte Infrastruktur bedroht, denn es käme nicht weniger Wasser ins Ahrtal, es käme aber noch schneller, bliebe „dreckig“ und durch verstärkte Strömung auch gefährlich.

Das Ahrtal ist also auch durch Verklausungen ersoffen, vornehmlich aber durch unterlassene Rückhaltung (Kausalkette: Ursache ist der starke Abfluss, Verklausung und ihre Schäden sind die Folge). Denn die (zu großen ungereinigten) Wassermengen, die ins Ahrtal gelangen, müssen durchströmen. Nur die Verklausungshindernisse zu beseitigen, in der Erwartung/Hoffnung, „dann würde alles gut, wäre einen trügerische Hoffnung“.

Daraus ergibt sich, dass insbesondere die Rückhaltung das „Allheilmittel“/Mittel der Wahl gewesen wäre und künftig ist. Dann blieben (fraglos schädliche) Verklausungen bei nur noch mittleren Hochwasserständen auch aus. Zudem würde der gesamte Wasserhaushalt ins Gleichgewicht zurückkehren – es würde sich weniger Oberflächenabfluss, aber verstärkter Zwischenabfluss bilden (der keine Schäden macht), eine Verstetigung und Reinigung des Abflusses, und eine höhere Versickerung und Grundwasserneubildung eintreten.

Rückhaltung vermeidet also nicht nur extreme Schäden, sondern stiftet auch KOLLATERALEN NUTZEN. Sie dient also der Nachhaltigkeit und dem Schutz vor den Folgen des Klimawandels. Und zwar nicht nur bei uns, sondern weltweit.

Etwas weiträumiger gedacht und modifiziert sogar in den riesigen Küsten- und sonstigen, alljährlich durch Monsunregen betroffenen, sehr fruchtbaren Überflutungsebenen Westafrikas und Asiens: Dorthin könnten wir unsere nicht mehr benötigten Schaufelradbagger aus den Braunkohletagebauen liefern und mit ihnen ableitende Kanäle (zugleich Transportwege für Schiffe) ausheben und auf dem Aushub ufernahe sichere, nicht überflutete Siedlungsflächen schaffen – ähnlich unseren Kanälen und Warften in den Marschen. Es könnten dadurch zwar nicht Ernten auf dem Feld gerettet werden, aber Menschenleben, Häuser, Vorräte und sämtliches Hab und Gut.

Remagen-Oedingen, den 19.9.2022
D. Schröder



Eine Antwort zu “Stellungnahme zum Anhörungsverfahren der Enquete-Kommission 18/1”

  1. Guten Morgen.
    Wir wünschen uns einen Hochwasserschutztunnel damit das Wasser abgeleitet werden kann.
    (siehe Schweiz, Ialien)

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