Diese Webseite verwendet Cookies
20.01.2023 | Kommentare: 0
Beitrag per Email empfehlenNach einem dramatischen Hochwasserereignis im Moselraum 1995 hat Prof. Schröder die Möglichkeiten der Landwirtschaft zur Schadensminderung durch Rückhaltung aufgezeigt und entsprechende Abwehrmaßnahmen angemahnt. Sie sind nach wie vor richtig und aktuell, aber auch nach 25 Jahren noch nicht sämtlich umgesetzt worden. Das Hochwassergeschehen – vor allem im Juli 2010, sowie am 4.6.2016 und zuletzt am 14./15.07.2021 im Ahrtal – hat abermals die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen aller Art vor Augen geführt.
Die Bedrohungen und Schädigungen von Siedlungen gehen im Ahrtal nicht von Überflutungen durch große Flüsse aus, sondern durch reißende Bäche und großflächige Überspülungen der Dörfer durch Abflüsse von nicht hinreichend erosionsgeschützten Äckern. Daher muss alles unternommen werden, um möglichst viel Wasser auf den Ackerflächen zurückzuhalten.
In der Grafschaft und dem Ahrtal fielen auf bereits Wasser gesättigte schluffreiche und damit erosionsgefährdete Lösslehmböden in etwa einer halben Stunde mehr als 50 mm Starkregen, klein räumig sogar mehr als 100 mm. Das Gelände ist großflächig hängig, (etwa 2-5% Neigung), wird zu hohen Anteilen mit Zuckerrüben, Mais, Obstbaum- und Strauchplantagen sowie Erdbeeren, diese zunehmend in Folientunneln, bebaut, so dass Erosion und Abfluss neben Boden und Relief auch durch die Nutzung begünstigt und verstärkt werden. Die Intensivnutzung hat also den Schadensumfang – sowohl auf dem Acker, wie in den Siedlungen erhöht, und ebenso das Risiko bei künftigen Starkregenereignissen.
Der Schaden war um Einiges höher, als im Juli 2010. Wahrscheinlich bis sicher ist, dass bei geringerem Anteil erosionsfördernder Kulturen und ausreichenden Erosionsschutzmaßnahmen der Abfluss und Schaden in der Region deutlich geringer gewesen wären.
1.Kleinpolder (Feldpolder) anlegen
Da Niederschläge von 50 – 100 l/m2 und darüber in weniger als einer Stunde auf hängigen schluffreichen Ackerflächen auch bei bester Bewirtschaftung nicht unmittelbar in den Boden sickern können, müssen zur kurzzeitigen Rückhaltung (wo möglich und erfahrungsgemäß nötig) zusätzlich zu den übrigen, o.g. und im Folgenden eingehender zu erläuternden Schutzmaßnahmen, kleine Dämme bzw. „Feldpolder“ angelegt werden – vornehmlich dort, wo Oberflächenwasser und viel Boden häufig vom Ackerschlag abfließen und Straßen und Siedlungen gefährden.
Anderenfalls gehen etliche zig Tonnen Boden/ha bei einem Ereignis verloren. Boden und die abgeflossenen Wassermassen richten am Ort der Überflutung und Ablagerung zusätzlich (Offsite)- Schäden an. Auch der Abtransport von gebundenen und gelösten Pflanzenschutzmitteln (PSM) und Metaboliten mit dem Boden und potentielle Auswirkungen in Gewässern und am Ort der Ablagerung sind zu beachten. Z.B. können im Abfluss transportierte PSM in anderen Kulturen auf Nachbarschlägen, in Gewässern, aber auch in überfluteten Gärten Schäden anrichten (der Abtransport von PSM ist erwiesen).
Abfluss und Abtrag können erheblich reduziert werden, wenn neben den etablierten Erosionsschutzmaßnahmen an der Unterseite der Hänge von erosionsgefährdeten Schlägen, zumindest an sensiblen Lagen, ein kleiner Damm (an den Seiten bis zur geplanten Einstauoberkante hochgezogen) angelegt wird. Er muss zwar nicht sämtliches Wasser zurückhalten, aber durch Beruhigung der Fließgeschwindigkeit sehr viel Sediment, an das Nähr- und Schadstoffe gebunden sind. Dadurch wird die Umgebung weniger belastet und der Acker weniger geschädigt.
Das Sediment wird innerhalb der Polder während der Sedimentation nämlich gut verteilt, denn die Sinkstoffe setzen sich ab, sobald die Fließgeschwindigkeit beim Eintritt in das stehende, angestaute Wasser abnimmt (Deltaeffekt). Die „Sedimentationsfront“ verlagert sich also mit ansteigendem Wasserspiegel stetig hangaufwärts. Im stehenden Wasser findet auch keine Erosion mehr statt, da Strömung und Strudelbildung (Prall-und Planschwirkung) unterbleiben.
So paradox die Situation auf den ersten Blick erscheinen mag – das angestaute Wasser in einem Polder schützt den Boden vor weiteren Erosionsschäden, also vor flächenhaftem Abtrag, vor Rinnen- und Rillenbildung und auch vor stärkeren lokalen Aufschüttungen und Verschüttungen der Pflanzen am Unterhang. Bereits entstandene Tiefenlinien werden sogar wieder „verfüllt“, denn dort fließt der größte Anteil des Abtrages zusammen und sedimentiert.
Der Landwirt hat (neben geringfügigen Erschwernissen) folglich auch einigen Nutzen durch Kleinpolder. Was kosten allein zig Tonnen „Mutterboden“, die im Feldpolder bei einem Ereignis je ha zurückgehalten werden und theoretisch verkauft werden könnten – oder (größtenteils unbemerkt mit dem gelben Flutwasser) verloren gehen? Und er hat „Anschauungsunterricht“ indem er sieht, wieviel Abfluss auf seinem Acker entsteht und zu Unterliegern abfließt, bzw. abfließen würde und er wird im Eigeninteresse und aus Einsicht Erosionsschutzmaßnahmen ergreifen, wo immer und so gut es geht. Und er sieht, dass die Pflanzen in „seinem Polder“, bis auf seltene Ausnahmen bei erntereifen und „besonderen“ Kulturen, durch kurzzeitigen Einstau keinen Schaden nehmen. Wenn er die gebotenen übrigen Erosionsschutzmaßnahmen getroffen hat und dennoch Schäden erleidet, liegt höhere Gewalt vor. Dann könnte oder müsste eine Entschädigung aus einem Fonds erfolgen. Doch je besser das Wasser in der gesamten Fläche zurückgehalten wird, desto geringer und seltener werden die Einstauhöhe (möglicherweise nur einmal in 5, 10, oder 20 Jahren), und damit die in Anspruch genommene Fläche am Unterhang, sowie ein möglicher Schaden sein.
Die angestauten Wassermassen werden im Polder „vorgeklärt“, denn Sinkstoffe und ein großer Teil der Schwebstoffe verbleiben (gleichmäßig verteilt) auf der überstauten Ackerfläche (auch der an Partikeln sorbierte Teil der PSM). Nach dem Starkregenereignis sickert das angesammelte Wasser allmählich – nach einigen Tagen – ab (dann ist auch der Hochwasserscheitel überschritten), oder wird über ein kleines Rohr allmählich abgelassen, ohne dass die Kulturen wesentlich geschädigt werden und ohne dass Bodenteilchen verloren gehen und ohne dass in kritischen Zeiten den Hochwasser führenden Flüssen weiteres Wasser zugeführt wird.
Ob an einem gestreckten langen Hang nur ein großer Wall an der Unterseite des untersten Schlages oder in seltenen Fällen mehrere kleine übereinander angelegt werden sollten, wie am besten die Vorflut zu schaffen wäre und weitere technische Fragen wären versuchstechnisch noch herauszuarbeiten und letztlich vor Ort anhand der dortigen Verhältnisse und bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen entschieden werden müssen. Der unterste Wall hat in jedem Fall Priorität und nur der benötigt Vorflut (u.a. für den Überlauf) – sofern sie nicht in Form eines Straßenrandgrabens bereits besteht. Der Wall kann mit dem Grabenaushub und gegebenenfalls durch „Heranpflügen“ geformt werden, so dass nur in seltenen Fällen Materialtransport erforderlich wird.
Der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Hochwasser ist jedenfalls deutlich geringer, wenn auf dem Acker entstehender Abfluss kurzzeitig auf 10m oder 20m Randstreifen gespeichert wird, als wenn 10 oder 20 Keller volllaufen – denn ursprünglicher Wald oder Grasland würden kaum Abfluss produzieren und Boden abführen. Dies ist bei Betrachtung des Verursacherprinzips, der Allgemeinwohl-Pflichtigkeit und des Grundsatzes: „Eigentum verpflichtet“, zu beachten.
Der Wald hält durch seine Vegetation (Interzeption), sowie durch seine Streu- und Humusauflage und sein großes Porenvolumen viel Wasser zurück, das Grünland durch die Bedeckung des Bodens, den Wurzelfilz und die zahlreichen Regenwurmgänge, die Wasser in den Unterboden leiten. Diese Fähigkeiten sind beim Acker gemindert, so dass sein (erhöhter) Abfluss abgefangen werden muss. Wohlgemerkt nicht auf jedem hängigen Schlag, sondern vor allem an sensiblen Lagen, z.B. an der Grenze zu Straßen und Siedlungen, insbesondere, wenn keine weitere Rückhaltemöglichkeit besteht.
Es ist sinnvoller, kostengünstiger, umweltverträgliche rund allgemeinwohldienliche, das Wasser auf dem Acker durch Erosionsschutzmaßnahmen und zusätzlich kleine Feldpolder (wo nötig) preiswert und nutzbringend zurückzuhalten, als für viele Millionen Euro Kanäle/Tunnel/Röhren oder große Rückhaltebecken zu bauen.
Für das eigentliche (permanente) Graben-Wallsystem gingen etwa 2-3 m Breite Streifen am Unterhang „verloren“. Sie könnten ´jedoch als (ohnehin geforderte) Ackerrandstreifen, ökologische Vorrangflächen oder Stilllegungsflächen anerkannt und mit EU Prämien „entlohnt“ werden, so dass keine zusätzlichen Verluste an Nutzfläche und Einnahmen entstünden (Landwirte müssen ohnehin 5% ihrer Fläche im Interesse des Umweltschutzes stilllegen). Und bei Anwendung zahlreicher PSM mit „Wasserschutzauflage“, sind in Grabennähe ohnehin 10-20 m breite begraste Schonstreifen anzulegen.
Im Übrigen wäre ein Graben-Wallsystem aus der Sicht des Eigentumsrechtes und der Unterhaltungspflicht ähnlich zu beurteilen und zu handhaben, wie das von Weg begleitenden vorhandenen oder erforderlichen Gräben; d.h., vor allem die Gemeinden wären gefordert. Mit ihnen wären Eigentumsfragen, Vorflutregelung und Unterhaltung zu klären.
Ein Beispiel zur möglichen, versuchstechnisch noch weiter zu entwickelnden Ausformung von Feldpoldern, möge die erforderlichen (geringen) Aufwendungen beleuchten:
Eine quadratische Fläche von einem ha (= 100 m Seitenlänge =100m Hanglänge) möge von 60 mm Starkregen 40mm im eingepolderten Bereich an der Schlagunterseite zurückhalten. Dies erfordert ein Speichervolumen von 400 m³. Bei 100m Dammlänge würde eine Breite von 20 m kurzzeitig (rechnerisch, bei waagerechtem Einstau = Quader) 20 cm hoch aufgestaut. Tatsächlich muss die Damm Höhe jedoch höher sein, da sich beim Einstau ein liegendes Prisma ergibt, mit einer Einstauhöhe an der Unterseite von 40 cm und an der Oberseite von 0 cm, im Durchschnitt also von 20cm. Diese Damm Höhe von 40 cm ergibt sich bei 2% Gefälle und 20 m Breite. Damit wird das benötigte Speichervolumen von 400 m3 erreicht. Bei 4% Neigung werden nur 10m Breite, aber 80 cm Damm Höhe gebraucht, um 400 m³ speichern zu können. Allerdings müssen wir nicht sämtliches Wasser zurückhalten; andererseits mag von höherliegenden Flächen einiges hinzuströmen.
Geringe Dammhöhen lassen sich durch eine tiefe Pflugfurche, anschließendes Festfahren und nochmaliges Wiederholen der Prozedur herstellen. Danach wäre der Damm in tieferen Bereichen zu erhöhen, ein Ablaufrohr einzubringen, (das auch während des Starkregens schon einiges Wasser abführt), der (Not)Überlauf in den Straßenrandgraben durch ein Netz oder eine stabile Folie zu stabilisieren und der Damm mit Gras einzusäen. Auf großen Schlägen, bei starkem Gefälle und in Muldenbereichen werden natürlich höhere Dämme benötigt.
Starker, trotz aller Schutzmaßnahmen nicht zügig in die Fläche einsickernder Niederschlag, muss also zwischengespeichert werden, allmählich versickern, oder bzw. und nachfolgend abgeleitet werden. Anderenfalls entstehen weiterhin Erosion und Hochwasser. Sie sind nicht nur höhere Gewalt oder Folge des Klimawandels, sondern auch Folge menschlicher Tätigkeit oder Untätigkeit (das lässt sich schon seit dem frühen Mittelalter, bzw. seit dem Beginn von Rodungen und nachfolgendem Ackerbau im Neolithikum an deutlichen Erosionsspuren in vielen Siedlungsgebieten und korrelierend damit Aufschüttungen an Unterhängen und in Auen nachweisen). Begegnet wurde diesen Schäden schon in alten Hochkulturen durch Terrassierungen.
Diese Kenntnis, dass Abfluss und Abtrag durch unsachgemäße menschliche Tätigkeit wesentlich verstärkt, oder durch angepasstes Management bedeutend gemildert werden können, hat aber offenbar dem Gesetzgeber gefehlt, als er den Oberlieger grundsätzlich vom zwingenden Rückhalt entpflichtet hat. Diese Rechtslage, die auch zu anderen gesetzlichen Anforderungen im Widerspruch steht, ist zu relativieren, zu korrigieren, grundlegend zu überarbeiten und den heutigen Verhältnissen (häufigere Starkregen) anzupassen.
Der Bewirtschafter ist also, soweit wirtschaftlich vertretbar, künftig auf seinem Acker zu schonender, Wasser rückhaltender Bewirtschaftung unmissverständlich zu verpflichten. Und die Kommunen sind zur Schaffung von Vorflut zu verpflichten, (die an Wegerändern häufig beseitigt oder vernachlässigt wurde, so dass sie schon für aktuelle Schäden in Haftung genommen werden müssten), denn das trotz angemessener Bewirtschaftung anfallende und das künftig aus Feldpoldern überlaufende oder gezielt abgeleitete Wasser darf ja (in einer zivilisierten Welt) nicht wild weiterlaufen.
Insgesamt bieten die empfohlenen Kleinpolder also eine perfekte „win-win-win- Situation“. Es wäre kurzsichtig, sie abzulehnen. Denn die Bauern schützen ihren Acker und halten benötigtes Wasser und Boden mit sehr geringem Aufwand auf ihrem Acker zurück, übernehmen also Verantwortung für Folgen ihrer Bewirtschaftung; den Bürgern werden Bedrohungen und vermeidbare Schäden, sowie Kosten erspart und den Kommunen sehr teure sonstige Rückhaltemaßnahmen oder Reparaturen an Brücken, Kanälen, Straßen, Wegen und teure Feuerwehreinsätze. Diese Schutzmaßnahmen sind besonders dringlich, da Versicherungen sich zunehmend verweigern und damit Schadensregulierungen auf die verursachende Landwirtschaft zukommen werden. Und sie sind dringlich, weil preiswert –er, als große Rückhaltebecken.
Wir sehen also: Die Einpolderung sensibler (Teil)Flächen bzw. ein Graben-Dammsystem zum Schutz von Straßen und Siedlungen haben gegenüber einer bisherigen alleinigen (oftmals vernachlässigten) Grabenentwässerung zahlreiche Vorteile. U.a. den der Rückhaltung von Nähr- und Schadstoffen (PSM), von Wasser, wertvollem Boden auf dem eigenen Acker und der Verminderung von On- und Offsite– Schäden. Ein Wall hält Wasser zurück, ein Graben leitet es zügig zum nächsten Fluss und verstärkt die Hochwassergefahr für Unterlieger. Deswegen sollten Dämme auf der Unterseite gefährdeter Ackerschläge angelegt werden (selten höher als 50-80 cm hoch, für den Einzelfall zu kalkulieren) – von den Bauern in Zusammenarbeit mit den Gemeinden und finanzieller Unterstützung durch die „öffentliche Hand“. Sie sind also eine Weiterentwicklung und Ergänzung des 1995 vorgeschlagenen Konzeptes zur Wasserrückhaltung in (zwischenzeitlich zahlreich entstandenen und bewährten) kleinen Poldern der Auen. Insofern liegen Erfahrungen über Bau und Nutzen bereits vor. Und auch in Starkregengebieten Afrikas.
Gerade dieses Ereignis hat gezeigt, wie wichtig die seit langem angeratene, aber nicht hinreichend befolgte hangparallele Bewirtschaftung ist (in Amerika seit über 100 Jahren bekannt und praktiziert, (Konturbewirtschaftung), bei den Indianern in Südamerika und den Reisbauern in Südost-Asien in Form der Terrassierung seit über 1000 Jahren üblich. Und im Weinbau (im Kaiserstuhl und weiteren Steillagen) seit der Römerzeit, also seit 2000 Jahren.
Nachhaltige Bewirtschaftung und geordnete Wasserableitung durch Gesellschaften/Kommunen, die vor hundert oder tausend Jahren ersonnen wurde, sollte auch heute möglich sein und nicht durch Gedankenlosigkeit und Achselzucken oder Verweis auf höhere Gewalt und „Nichtzuständigkeit“ einiger Behördenvertreter unterbleiben.
Quer zum Gefälle verlaufende Fahrspuren oder kleine Dämme bei Kartoffeln und Erdbeeren und die Pflanzen selbst, mindern vor allem durch Halme, Sprosse und (Kronen)-Wurzeln die Fließgeschwindigkeit des Abflusses sehr. Erdbeeren mit Strohdecken unter Querbewirtschaftung sind also unproblematisch – bis auf die Anpflanzphase ohne Stroh-oder Mulchdecke. Hingegen wird bei Erdbeeranlagen, die im Gefälle (hangabwärts) gepflanzt werden, das eigebrachte, erosionsmindernde Stroh durch Starkregen zusammengeschoben und unwirksam. Auch in Rüben und Mais ist die Querbewirtschaftung wichtig und sollte in erosionsgefährdeten Lagen Standard werden. Der Wasser- und Sediment(ab) -Transport lässt sich dadurch wesentlich vermindern.
Obstplantagen (Baum-und Strauchkulturen) sind durch Grasunterwuchs weitgehend geschützt. Sie nehmen durch Abfluss, selbst von zusätzlichem Fremdwasser, kaum Schaden. Dringt in sie aber Fremdwasser von oberliegenden Flächen ein, bilden sie bei Anordnung im Gefälle „ideale Leitbahnen“ für den Abfluss und beschleunigen ihn, während sie bei hangparalleler Anordnung sogar einen gewissen „Bremseffekt/Sinkeffekt“ ausüben können, also Sediment zurückhalten und Abfluss “entschleunigen“ und durch Versickerung mindern.
Getreideschläge bilden bei geringem und mäßigem Gefälle kaum Abfluss; sie können durch stabile Halme sogar einen „Bannwald-Effekt“ ausüben (im fortgeschrittenen Wachstumsstadium, nicht während der Jugendentwicklung), indem sie Sediment aus oberliegenden erosiven Schlägen zurückhalten, die Abflussgeschwindigkeit wesentlich drosseln und damit Versickerung ermöglichen.
Also, die Abfolge von erosionsmindernden und erosionsfördernden, hangparallel angeordneten Kulturen kann Abfluss- und Abtrag erheblich mindern und sowohl Onsite- wie Offsite- Schäden wirksam eindämmen. Im Übrigen ist generell nicht nur der Einzelschlag zu beurteilen, sondern auch der Gesamtabfluss eines Einzugsgebietes im Blick zu behalten – vor allem durch die Beratung. Sie sollte in erosionsgefährdeten Lagen „ihre Bauern“ entsprechend schulen und, wo nötig, „zwangsberaten“, denn auf das Anbauverhältnis in einem Einzugsgebiet hat der Einzelne keinen Einfluss.
Derzeit sind in der betrachteten Region, auch auf langen Hängen, verbreitet nur erosionsfördernde Kulturen untereinander angeordnet, mit vielfach im Gefälle verlaufender Arbeitsrichtung.; ihr Anteil dürfte aber allenfalls 50% betragen und Querbewirtschaftung gehört zur guten fachlichen Praxis (gfP) D.h., erosionsfördernde Kulturen müssten mit erosionsschonenden Kulturen wechseln. Diese Organisation ist ein Aspekt von Bodenschutz und gfP und folglich zu realisieren. Die Beratung hat hierbei wichtige Funktionen. Freiwilliger Landtausch oder Flurbereinigung mit hangparallelem Zuschnitt der Schläge (langfristig) erforderlich.
Erdbeerflächen unter Folientunneln sind quasi total versiegelt. Es muss in gefährdeten Situationen zu starker Abflussbildung kommen (Anlage im Gefälle, große Anlagen ohne „Puffer oder Schonstreifen“, hohe Anteile in einer Feldmark erosionsgefährdeter Böden). Sie haben auch zu dem dramatischen Ereignis in Nierendorf am 4,6.2016 beigetragen – und ebenfalls in Mehlem. Eigentlich in der gesamten Region.
Derartige (große) Anlagen bedürfen einer behördlichen Prüfung, Beratung, Abstandsauflage zu Siedlungen, Bächen und Straßen, sowie Genehmigung, und Anlage von Kleinpoldern, denn sie weisen eine Analogie zu industriellen Tiermastanlagen auf. Der Abfluss ist derart konzentriert, dass er nicht versickern kann, auch nicht im hangparallelen Anbau. Der Flächenanteil von Folientunneln und erosionsfördernden Kulturen in problematischen Anbaugebieten ist zu begrenzen (max. 25% der Ackerfläche des Einzugs- oder Teileinzugsgebietes?). Eine weitere ungeregelte Ausdehnung ist inakzeptabel, denn „Folienmeere“ wie in Südspanien beginnen sich abzuzeichnen.
Große „Anlagen“ erfordern, ja bedingen geradezu, zumindest in hängigem Gelände, auch „Ausgleichsmaßnahmen“ wie Feldpolder und größere Rückhaltebecken, die genutzt werden können, aber bei Bedarf verfügbar sind, um Schlimmeres zu verhüten. Überschlag: 1 ha durch Folie versiegelte Dachfläche erfordert bei 50mm Starkregen (10mm mögen zwischen den Tunneln versickern) etwa 400 m³ Speicherraum (Polderkapazität), am besten am Unterhang , damit das Risiko beim Verursacher bleibt. Zudem kann das Wasser evtl. zur späteren Bewässerung genutzt werden? Oder es verbleibt durch allmähliche Versickerung zumindest in der Landschaft. Der Aufwand hierfür beträgt wahrscheinlich weit weniger als 1% der sonstigen Investitionskosten.
Eine andere Variante wäre, zwischen hangparallel anzuordnenden großen Folientunneln (wie sie z.B. unter „Hydrokultur auf Stelzen“ verbreitet sind) kleine Mulden mit Querriegeln zum Auffangen des abfließenden Wassers anzulegen (auseinanderpflügen, anschließend kreiseln) und das – dringend benötigte- Wasser, u. U. allein durch allmähliche Versickerung, zur Bewässerung zu nutzen. Wer diese Vorsorgemaßnahmen für überzogen erachtet, möge verinnerlichen, dass auch in der Siedlung eine Wasserrückhaltung z.B. durch Zisternen, Rigolen oder Becken angeordnet wird.
In Bodenordnungsverfahren oder beim Landtausch und in der Beratung sollte diesen genannten Aspekten der Querbewirtschaftung und sonstiger Rückhaltung hohe Beachtung geschenkt werden. In Obstanlagen ist allerdings wegen gleichmäßiger Belichtung und Abreife die Nord-Süd-Ausrichtung erwünscht, wodurch eine Interessenkollision entstehen kann und ein Abwägungsprozess nötig wird. Allerdings stehen auch Schattennetze für die Südseite zur Verfügung, zumindest für Beerensträucher.
Eine zweite Problematik: Die Schläge können, z.B. wegen des Verlaufes von Wegen, nicht überall hangparallel angeordnet werden. Ob bei der Bestellung dann großzügig vom Ideal abgewichen werden kann, oder ob die Bewirtschaftung erschwerende „Keile“, vor allem bei Reihenkulturen, hingenommen werden müssen, muss im Einzelfall entschieden werden. Das Gefälle sollte in der Bearbeitungsrichtung jedenfalls kaum mehr als 1% betragen, denn jeder Abfluss bedeutet nicht nur Bodenverlust, sondern auch Ertragsverlust durch späteren Wassermangel. Und er bedeutet Schadenspotential für Bürger und Kommunen. Aus diesem Grund sind längerfristig, vor allem in Bodenordnungsverfahren, die Eigentumsgrenzen den Konturen so weit wie möglich anzupassen. Diese Maßnahme würde auch die Anlage des Graben Wallsystems erleichtern, denn je besser die Flurgrenzen den Konturlinien angepasst sind, desto bequemer lassen sich die erforderlichen Wälle ausformen.
Und grundsätzlich gilt: Nicht jede Fläche ist geeignet für den Anbau erosionsfördernder Kulturen. Vor allem sind solche ungeeignet, die starkes Gefälle, zumal in verschiedenen Richtungen, aufweisen. Oder argumentieren wir umgekehrt: Wir haben genügend ebene Flächen, auf denen z. B. der Erdbeeranbau unproblematisch ist. Er muss u.U. zum geeigneten Standort (Wirt) wandern. „Eines schickt sich nicht für alle,…“ Wer z.B. tonige, steinige, oder wasserstauende Böden hat, kann schließlich auch keine Kartoffeln und Rüben anbauen. Und alle Bauern müssen sich dem Grünland-Umbruch -Verbot beugen, strikte Anordnungen zum Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln befolgen usw.
Eine Anpassung der Kulturartenwahl und der Pflegemaßnahmen an die Standortverhältnisse ist also überall geboten, gehört grundsätzlich zur „guten fachlichen Praxis“ und zur Nachhaltigkeit und bedeutet keine unbillige Härte. Denn „(Boden)-Eigentum verpflichtet“ (zur schonenden Bewirtschaftung) – gegenüber Zeitgenossen und nachfolgenden Generationen. Investoren haben also bei der Standortwahl für ihre Sonderkulturen (Anpachtung) die Aspekte des Erosionsschutzes in ihre Planungen einzubeziehen.
Unter Bewuchs oder Mulchdecken sind Prall- und Planschwirkung des Regens deutlich gemindert und demzufolge auch Abfluss und Abtrag, und Offsite- Schäden ebenfalls. Deshalb ist permanenter Bewuchs anzustreben. Für erosionsgefährdete Lagen ist darüber hinaus die dringende Empfehlung auszusprechen, erosionsfördernde Kulturen nicht in ein „ordentliches“ , zuvor gepflügtes Saatbett zu säen oder zu pflanzen, sondern im Direktsaatverfahren in einen abgeernteten (Stoppel) abgefrorenen oder abgespritzten Gründüngungs-Bestand. Dieses Verfahren, das für Rüben und Mais seit langem praxistauglich ist, muss auch für Erdbeeren in gefährdeten Lagen zur Praxisreife geführt werden (Demonstrationsversuche anlegen). Anderenfalls ist unmittelbar nach (oder vor?) dem Pflanzen Kurz-Stroh einzubringen, flach einzukreiseln oder es ist ein Räumschar beim Pflanzen anzubringen). Nach Erdbeeren könnten die meisten Kulturen (vor allem Futterpflanzen) ebenfalls, ohne zu pflügen, sondern nur durch flaches Kreiseln oder Tellern, im Direktsaatverfahren bestellt werden.
Denn wegen der Erosionsgefahr auf den Anbau problematischer Kulturen gänzlich verzichten zu sollen, wäre ein gravierender Schritt. Daher müssen alle übrigen Vermeidungsmöglichkeiten genutzt werden. Und es muss bewusst sein, dass geringe Flächenanteile kritischer Kulturen den Gebietswasserabfluss und Schaden maßgeblich steigern können. Denn Abfluss von einem Schlag schädigt u.U. als Fremdwasser auch andere Schläge und danach Siedlungen, wenn es z.B. „von Haus zu Haus“ ungelenkt durch die Dörfer fließt.
Bodenschutzrecht, Wasserwirtschaftsgesetz und gute fachliche Praxis verlangen daher schon heute, Erosion und Abfluss nicht nur auf den in „Erosionsgefährdungskarten“ ausgewiesen Flächen durch entsprechende Schutz- Maßnahmen zu verhindern oder wenigstens zu vermindern (Cross- Compliance- Anforderungen), sondern auf sämtlichen gefährdeten Flächen – und sind folglich überall zu beachten. Das muss den Bewirtschaftern bedeutet werden, die sich nur der Prämien wegen in der Pflicht sehen. Sie bewegen sich auf dünnem Eis.
Die Rechtslage ist (auch von der Agrarverwaltung und Beratung) klar zu beschreiben. Im Übrigen entsprechen die Cross- Compliance – Vorgaben nicht den fachlich begründeten Erfordernissen, auch nicht denen der gfP, sondern sind vielmehr unter Einflussnahme der Agrarlobby „ausgehandelt und entschärft“ worden – im falsch verstandenen Interesse der Bauern. Denn denen ist langfristig, also nachhaltig, mit gutem Bodenschutz am meisten gedient, vor allem ihren Söhnen, die bei langandauernder Erosion „bodenlos“ werden, denn die Nachbildungsrate ist an vielen Standorten sehr gering. Bodenschutz muss Vorrang vor vielen anderen Aspekten haben.
Ebenso dringlich, wie den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, ist es also, den eigenen Interessen zu dienen: Den Boden zu schützen und jeden Tropfen zu nutzen, denn gerade während der Frühsommertrockenheit bedeutet jeglicher Wasserverlust (Abfluss) zugleich Ertragsverlust. Oft fließen von 50 mm Starkregen ohne Erosionsschutz mehr als 25 mm, also mehr als die Hälfte ab, ohne dass der Unterboden gesättigt wäre.
Die Abflussbildung ist abhängig von der Kulturart und der Bewirtschaftung. Wie bereits vermerkt, sind Abflüsse und Abträge gegenüber Getreide beispielsweise in Rüben und Mais nicht nur etliche Prozent höher, sondern etliche hundert Prozent (s. unter Allgemeine Bodenabtragsgleichung im Internet). Oder: Der Bodenabtrag reduziert sich von 100% bei 0% Bodenbedeckung/Begrünung auf 1% bei 70% Bedeckung. Oder er reduziert sich nach Angaben in der einschlägigen Fachliteratur von 100% bei konventioneller Bearbeitung auf unter 10% bei konservierender Bearbeitung, der Abfluss sinkt von 100% auf14 %. Diese wenigen Beispiele mögen zeigen, welche außerordentlichen Möglichkeiten die Landwirte durch Erosionsschutz und damit Hochwasserschutz in der Hand haben- und mit Wasserrückhaltung ihre Erträge sichern oder steigern können. Und diese Möglichkeiten werden zu Anforderungen erhoben werden, wenn Schädigungen weiterhin auftreten.
Nirgends ist die pfluglose, reduzierte (konservierende) Bodenbearbeitung einschl. der Direktsaat so dringlich, wie in Erosionslagen. Krümelstabilität und Regenwurmbesatz nehmen dadurch beträchtlich zu und nachfolgend die Versickerungsfähigkeit des Wassers (Infiltrabilität, Permeabilität). Dadurch wird der Oberflächenabfluss stark gemindert.
Kriterien zur Eistufung der Erosionsgefährdung überprüfen
Landwirten werden die EU- Prämien gekürzt, wenn sie nicht die (Cross- Compliance) Anforderungen an eine umweltschonende Bewirtschaftung erfüllen (zuvor erfolgt eine Zwangsberatung). Dazu zählen auch Maßnahmen zur Minderung von Abfluss und Abtrag. Gemäß Gefährdungsgrad der bewirtschafteten Flächen sind Bewirtschaftungseinschränkungen hinzunehmen.
Durch Erfahrung wird man bekanntlich klug. Ob also die Einstufung der Standorte in die Gefährdungsklassen und die damit verbundenen Bewirtschaftungsbeschränkungen „noch der neuen Lage entsprechen“, ist zu überprüfen. Möglicherweise müssen aufgrund der Häufung von Starkregen und gestiegener Bewirtschaftungsintensität auch bisher nicht „unter Schutz gestellte Flächen, z. B. solche mit nur geringer Hangneigung oder geringer Hanglänge“, mit verschärften Auflagen belegt werden. Denn gravierende Schäden sind z. B. auch bei Neigungen unter 2% entstanden. D.h., „die normative Kraft des Faktischen“, der tatsächliche Schadenseintritt, ist für die Beurteilung gewichtiger als die Annahme einer Eintrittswahrscheinlichkeit oder Erwartung, die auf unzulänglicher Analyse, Kalkulation und Abschätzung (der Gefährdungsklassen) beruhen mag. Kurz: Wo mehrfach Erosion eintritt, liegt eine hohe Erosionsgefahr vor und muss Schutz betrieben werden.
Wenn z.B. Ackerflächen in drei Jahren unterliegende Straßen und Grundstücke zehnmal überschwemmt haben (konkretes Beispiel), können sie nicht von Bewirtschaftungsbeschränkungen verschont bleiben. Die entsprechenden Karten und die Bewirtschaftungs-Anforderungen bzw. Maßnahmen sind daran anzupassen – damit nicht erneut (vermeidbare) Schäden – nur in der betrachteten Region von vielen Millionen – entstehen, die nicht allein Petrus zu verantworten hat.
Rechtliche Aspekte
Neben der Einhaltung der „Cross Compliance“- Verpflichtungen haben die Landwirte zusätzlich die Anforderungen an die „gute fachliche Praxis“ gemäß Bundesbodenschutzgesetz zu erfüllen, und sie haben Gefahrenabwehr zu betreiben, die ihnen ebenfalls gemäß Fachrecht eine umweltschonende Bewirtschaftung abverlangt. Und schließlich unterliegen sie dem Wasserwirtschaftsgesetz, „das von jedermann die Rückhaltung des Wassers in der Fläche zur Vermeidung nachhaltiger Hochwasserfolgen einfordert“. Und auch das Wasserhaushaltsgesetz vom 31.7.2009, verpflichtet in Kap. 1, Par. 5 „jede Person, eine Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden“ (z.B. durch hier genannte Schutzmaßnahmen).
Anderweitige Rechtsauslegungen/Bestimmungen, wonach der Unterlieger das Wasser vom Oberlieger zu übernehmen hat, sind zu revidieren oder modifizieren. Die Verantwortung für extremen, durch kritische statt schonender Bewirtschaftung ausgelösten Abfluss, z.B. durch große Folienanlagen ohne Rückhaltung, oder die Ignorierung erosionsschützender Bewirtschaftung im Allgemeinen, hat in gefährdeten Gebieten künftig der Bewirtschafter (zumindest teilweise) zu übernehmen. Nicht zuletzt deshalb ist (zu seiner Absicherung) eine amtliche Beratung, Genehmigung und Kontrolle erforderlich.
Wenn mehr als vier Fünftel der Abflüsse von Ackerflächen stammen und mehr als die Hälfte davon durch erosionsschützende Bewirtschaftung bzw. den Verzicht auf den Anbau erosionsfördernder Kulturen vermeidbar ist, stellt sich unausweichlich die Frage nach der Mithaftung für Mitverursacher. Künftig auch für Versicherungen?! Werden sie nicht versuchen, sich schadlos zu halten? Muss nicht endlich realisiert werden, dass die Gefahren, die von unzureichend vor Erosion und Abfluss geschützten Äckern ausgehen, bei Starkregen weit größer sind, als die durch Versiegelung in Siedlungen?
Es ist also dringlich, in dieser Angelegenheit Rechtssicherheit zu schaffen, (in dieser Zeitschrift die augenblickliche Rechtslage und die Beratungsstrategien der Offizialberatung von kompetenter Seite darzustellen – recht bald.) Zusätzlich sollte eine interministerielle Arbeitsgruppe der Ministerien Landwirtschaft, Umwelt und Justiz (Bund-, Länder-, EU-Ebene?) diesen Komplex künftig bearbeiten und Rechte und Pflichten verständlich und verbindlich klarlegen. Eine Volkswirtschaft und „Rechtswirtschaft“ kann nicht einen Schaden von vielen hunderttausend Euro (in einer kleinen Region bzw. Kommune) hinnehmen, wenn er durch Schutzmaßnahmen im Wert von einigen Zehntausend Euro weitgehend zu vermeiden ist. An diesen Relationen werden künftig auch Gerichte nicht mit formalen Grundsätzen vorbei urteilen können. Und Versicherungen werden den Verursacher stärker in den Blick nehmen. Denn den wesentlichsten und effizientesten Beitrag zur Vermeidung von Hochwasserschäden kann und muss die Landwirtschaft liefern. Mit „Feldpoldern“ hat sie eine geeignete, zusätzliche Möglichkeit in der Hand- nahezu zum Nulltarif.
„Stadt und Land, Hand in Hand“
Landwirte sitzen also mit Bürgern, Beratungsstellen und Kommunen in einem Boot und müssen in dieselbe Richtung steuern.
In dieser Hinsicht kommt der zuständigen Fachberatung eine große Verantwortung zu. „Augenscheinlich“, also nach Beobachtung im Gelände, (die für regionale Beurteilungen oft aussagefähiger sind als exakte Versuchsergebnisse oder Literaturangaben), wurden Schutzmaßnahmen auf erosionsgefährdeten Flächen kaum aktiv und gezielt durchgeführt und erosionsfördernde Kulturen auch dort angebaut, „wo sie nicht hin gehören“ (wäre rückwirkend überprüfbar – anhand von Unterlagen zur Prämiengewährung, Agrarstatistiken und Beobachtungen im Gelände). Denn Spuren von Erosion, sowohl rezente wie lange zurückliegende, äußern sich deutlich in der aktuellen Oberflächengestaltung und Beschaffenheit, ebenso Vorprägungen flacher Hänge durch Solifluktion während mehrerer Eiszeiten. Es zeigen sich sowohl aktuelle Rillen- und Grabenerosion, sowie flächenhafte Abspülungen, als auch durch langjährig andauernde Prozesse entstandene Zerschneidungen der Flächen, sowohl Tal- und Quertalbildungen, rückschreitende Erosionen und als korrelierende Erscheinungen verbreitete Aufspülungen (Kolluviation) am Unterhang und in Mulden – die bei derartigen katastrophalen Ereignissen nicht gänzlich zu verhindern sind, aber durch angemessene, erprobte und neuartige Schutzmaßnahmen deutlich gemindert werden können.
Zu beachten ist auch der Anteil erosionsgefährdender Kulturen in einem Einzugsgebiet. Solange er klein ist, „mag man großzügig“ sein. Treten aber, wie in dieser Beispiels-Region, (und in vielen vergleichbaren, hügeligen Lößlandschaften), hohe Schäden auf, müssen Gesetzgeber, Beratung und Bauern reagieren. Anderenfalls sind Bürger und letztlich auch Bauern gleichermaßen geschädigt. Die juristische Dimension dieser Angelegenheit (vor allem Hochwasserschäden) ist nicht zu unterschätzen. Wo heute noch kein Kläger ist, kann morgen einer sein (u.a. Versicherungen, die im Interesse ihrer Beitragszahler auf Risikominderung achten müssen) – und auch ein Richter.
Diskussion und gesamtgesellschaftlich bezogener Ausblick
Die Starkregen von 2010, 2013, 2016 sowie die Flutkatastrophe 2021 im waren Jahrhundertereignisse. Ob sie künftig häufiger eintreten, ist ungewiss, aber sehr wahrscheinlich. Wir sollten so weit wie möglich gewappnet sein. Der Abfluss, der Bauern wie Siedlungen schädigt, stammt zum weit überwiegenden Teil aus Ackerflächen. Das gilt für mäßige Niederschläge und auch und gerade für hohe Niederschlagsintensitäten und Mengen, denn dann sind auch konventionell bewirtschaftete, mit erosionsfördernden Kulturen bestellte Ackerflächen durch Oberflächenverschlämmung und unzureichende Wasseraufnahme-, Speicher- und Leitfähigkeit des Ober- und Unterbodens quasi versiegelt. Lediglich Wald und Grünland können (mit wenigen Ausnahmen auf Festgesteinen) auch bei Starkregen einen hohen Teil des Niederschlages aufnehmen und in den Untergrund leiten. Sie folgen dem Prinzip eines Schwammes, der laufend Wasser aufnimmt und nach unten abgibt und nicht dem eines Bierglases, das voll- und danach überläuft.
Aber auch eine umfassend erosionsschützende Bewirtschaftung auf dem Acker (alle schonenden Maßnahmen ergreifen) mindert – auch bei Starkregen – Abfluss und Abtrag und fördert die Versickerung. Unter den Kulturen wurde z.B. bei Getreide, selbst durch dieses extreme Ereignis, wenig Abfluss und kaum Abtrag gebildet, unter Rüben, Mais und Erdbeeren, besonders bei Bewirtschaftung im Gefälle, und „unter Tunnelwirtschaft“ hingegen viel (zwar nicht im Tunnel, aber „daneben und darunter“.
Wenn also der gefährdete, mit Intensivkulturen bewirtschaftete Acker der wesentliche Lieferant des Schadwassers ist, (zu erkennen an der Gelbtrübung, die hier, ähnlich wie im Gelben Fluss in China vom abgespülten Lösslehm her rührt, oder an mittransportierten Erdbeeren) muss auch und vor allem dort die Abwehr konsequent geschehen – durch Eigeninitiative der Bauern und Kommunen, aber auch durch Aufsicht der zuständigen Behörden und Fachberatung – und nicht zuletzt durch entsprechendes Engagement der bäuerlichen Berufsvertretung.
Nachfolgend soll eine überschlägige, sehr grobe, vorsichtige, dennoch „gewagte“ (in des Wortes doppelter Bedeutung) aber unsichere Kalkulation bzw. ein Szenario für die beschriebene Region bzw. für viele vergleichbare Regionen, das allenfalls eine gewisse Orientierung bieten kann, aber gleichwohl hilfreich für das Verständnis der Abflussvorgänge sein mag, vorgelegt werden, damit allen Akteuren, Entscheidungsträgern und Betroffenen die Konsequenzen von „Tun und Lassen“ bewusst sind bzw. werden.
Von 60 mm Starkregen, die in einer Stunde auf wassergesättigte, hängige erosionsanfällige Ackerböden fallen, werden bei erosionsschützender Bewirtschaftung im Durchschnitt des Einzugsgebietes möglicherweise 15 mm abgespült, bei augenblicklicher Bewirtschaftung aber mindestens 30mm. ´30 mm Abfluss je ha bedeuten: 30l/m2 x 10000 m2 = 300000l = 300 m3 Abfluss je ha in etwa einer Stunde. Wenn das Einzugsgebiet oberhalb einer Siedlung aber 10 ha beträgt, und keine Speicherung oder gezielte Ableitung erfolgen, müssen sich aber 3000 m3 durch die betroffene Siedlung zwängen – zusätzlich der Mengen, die in einer Stunde im Ort selbst (der weitgehend versiegelt ist), fallen. Wenn die besiedelte Fläche zwei ha beträgt und von 60 mm Niederschlag 30 mm abfließen, liefert die Siedlung selbst „nur“ 600 m3 – gegenüber 3000 m3, die das Einzugsgebiet „beisteuert“. (In NRW beträgt der Anteil der Siedlungen und Straßen etwa 8%, der der Ackerfläche etwa 40%, also 5 Mal mehr). Zudem wird aus der Siedlung das Wasser der Dachflächen, Hausdrainagen und Straßen über Kanäle weitgehend schadlos abgeführt, kann allerdings Unterlieger schädigen.
Das heißt, die Landwirtschaft (vornehmlich die Intensivkulturen) liefert auch in diesem Scenario nahezu 5 Mal mehr Abfluss, als die Siedlung selbst (bezogen auf die Fläche), im Bundesdurchschnitt etwa 6-7 Mal mehr; die Abflussrate wird bei hoher Niederschlagsintensität (nicht im Mittel) und bei nicht schonender Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen fast so hoch sein, wie die von Siedlungen.
Der (hier zugrunde gelegte) bedeutsame Spitzen-Abfluss spielt in anderen Regionen (in ebenen Lagen und unter Wald und Grünland) eine untergeordnete Rolle. Die Relation/Kalkulation macht dennoch den Beitrag/Anteil der Landwirtschaft deutlich. Aber auch die außerordentliche (abzuleitenden) Abflussmenge.
Es macht also nicht nur einen kleinen Unterschied, sondern einen großen, ob die Landwirtschaft auf „ihrem großen Flächenanteil“, im Wesentlichen Acker, während eines Starkregens beispielsweise 35% des Niederschlages (bei konventioneller Bewirtschaftung) oder 70%, also doppelt so viel (bei erosionsschützender Bewirtschaftung, realistische vorsichtige Annahme) zurückhält, ob der Bach randvoll ist oder zerstörerisch überläuft, ob nur der Vorgarten oder auch die „Gute Stube“ von der Überflutung betroffen ist.
Wichtig ist, die Abflussspitzen zu brechen/zu vermeiden. Und: Sind es nicht eher die Dörfer in landwirtschaftlicher Umgebung, (genauer in ackerbaulicher Umgebung), die „volllaufen und absaufen“, als die größeren Städte? (Ausnahme Mosel-und Rheinhochwässer, die ihre Fluten aber auch größtenteils aus dem Acker „herleiten“. Und ist das Wasser nicht gelb, was seine Herkunft vom Acker belegt? Und aus dem Kanal fließt ebenfalls gelbes Wasser, wenn der Deckel hochspringt, denn das meiste Kanalwasser ist irgendwie vom Acker ins Dorf geflossen und nicht aus der Dachrinne. Schließlich: Wer in der ersten Reihe unterhalb eines hängigen Ackers wohnt, bleibt vor „kommunalem Wasser“ völlig verschont; er erhält „sein Hochwasser“ ausschließlich und reichlich aus erster Hand vom Acker – direkt vom Erzeuger. Er ist oft stärker betroffen, als der in der letzten Reihe.
Hoher Abfluss aus landwirtschaftlichen Flächen sollte also nicht als von Petrus gegeben hingenommen werden. Mit Feldpoldern (neben angepasster Bewirtschaftung) haben wir theoretisch die Möglichkeit, ihn auf null zu reduzieren. Es könnte also ein Höchstwert/Richtwert für den tolerierbaren Abfluss erlassen werden. Doch wir brauchen nicht auf null reduzierte Abflüsse, wir müssen in der Feldmark lediglich so viel zurückhalten, dass weder gravierende Onsite- noch Offsite- Schäden entstehen. Wir sollten in „vorauseilendem Gehorsam“ also alle sinnvollen und ökonomisch vertretbaren Maßnahmen ergreifen, damit denkbare scharfe regulierende Eingriffe nicht erforderlich und als gfP auferlegt werden.
In einigen Lagen kann der Abfluss über Graben- Wallsysteme geschickt um die Siedlungen herum gelenkt werden (Vorflut zu schaffen, ist originäre Aufgabe der Kommunen). Wo dies nicht möglich ist, müssen die Straßen nicht nur den Verkehr aufnehmen, sondern auch das Hochwasser schadlos weiterleiten. Selbstverständlich wird sich niemand das Wasser in den Ort holen wollen; aber „es kommt“ und muss gezielt weiter geführt werden. Die gefährdeten Straßen bzw. Grundstücke sind also entsprechend (als Hochwasserstraßen – für wenige Stunden innerhalb vieler Jahre) zu sichern, damit andere Straßenzüge verschont bleiben und Wasser nicht von Haus zu Haus fließt und ein ganzes Dorf schädigt.
Der Abfluss kann deutlich höher ausfallen, als im obigen Szenario unterstellt wird (mehr als 60mm Starkregen, höhere Abflussraten, größere Einzugsgebiete, in vielen Gemeinden z. B. nicht zehn ha, sondern einige hundert ha, zu großen Teilen mit erosionsfördernden Kulturen bestellt). Der Abfluss bzw. Abtrag kann, in Abhängigkeit von vielen Faktoren durch die „Allgemeine Bodenabtragsgleichung (s. Internet) genau (er) berechnet werden. Doch auch ein Gang durchs Gelände zeigt, dass aus einem Getreideschlag selten und wenig Wasser/Boden herausgespült werden, aus Mais-, Rüben-, und Erdbeerfeldern aber häufig und viel. Wenige, vor allem frisch bestellte Felder, können ein Dorf unter Wasser setzen. „Das Wasser kommt dann (zwar teilweise) aus dem Bach“; überwiegend, eigentlich, ursprünglich aber von wenigen, mit erosionsfördernden Kulturen bestellten, oft unzureichend geschützten, Äckern.
Ein großes Risiko bleibt. Daher sollten erosionsgefährdete Äcker schonend, angepasst, Wasser rückhaltend bewirtschaftet werden, dennoch abfließendes Wasser so weit wie möglich um die Siedlungen herumgeführt werden und in Orten alle machbaren, d.h. effizienten Vorkehrungen – auch zur schadensfreien Durchleitung von Hochwasser – getroffen werden. Insbesondere müssen Notüberläufe der Kanäle zur Druckentlastung an geeigneten Stellen geschaffen werden, damit das Kanalwasser nicht in Häuser zurückstaut, sondern schadlos über Straßen abgeleitet wird. Und es müssen die Straßenränder der „Wasserstraßen“ gegen Wassereintritt in die Grundstücke, z. B. mit Kantsteinen, gesichert und das Wasser über Schweller gezielt durch den Ort geleitet werden.
Wir müssen also vierfach gestufte Sicherungen einbauen: 1. Auf dem Feld schonend bewirtschaften. 2. Dennoch entstehenden Abfluss, zumindest an kritischen Stellen durch Dämme (Feldpolder) größtenteils vorübergehend zurückhalten. 3. Siedlungen sichern und Wasser auf einigen Straßen schadlos durchleiten. 4. Größere Rückhaltebecken in Auen bauen. Die größte Bedeutung kommt fraglos den unter 1. und 2. benannten Maßnahmen zu.
Oben wurden die Möglichkeiten zur Reduzierung von Abfluss und Abtrag auf dem Acker beschrieben, die im Allgemeinen, bei normalen Niederschlagsverhältnissen, ausreichen. Gegen Extremregen sind aber Rückhaltemaßnahmen auf gefährdeten Äckern in Form der „Feldpolder“ zusätzlich nötig. Zudem ist – großräumig betrachtet – auch die Erstellung von Großpoldern/Rückhaltebecken in kleineren und größeren Talabschnitten (wie 1995 empfohlen) unumgänglich. Inzwischen sind einige erstellt worden. Wenn sie noch nicht hinreichend schützen, gibt es zu wenige davon. Es sollten für weitere Rückhaltebecken vor allem flache, großräumige Talabschnitte ausgewählt werden, da dort die Kosten je m³ Speicherraum geringer sind als in engen Kerbtälern – und die Risiken ebenfalls. Im Übrigen sind alle Polder nutzbar, vor allem als Grünland, denn sie werden (hoffentlich) selten geflutet werden müssen. Das Polder-Land ist also nicht verloren, sondern wird nur gelegentlich kurzzeitig für eine zweite Nutzung beansprucht.
Einige Fehlschläge/Unglücke/Kunstfehler/Anfängerpech bleiben, wie bei allen Innovationen, natürlich nicht aus (Nierendorf). Wer aber kolportiert, oder glaubt, Rückhaltebecken könnten „alles noch schlimmer machen“, dem sei gesagt: Nur die Menge, die oben in der Zeiteinheit in ein Polder läuft, kann unten (beim Überlauf) wieder rauslaufen. Nicht mehr, sofern kein Dammbruch eintritt und beim Überlauf der normale Ablauf verschlossen wird. Zu keiner Zeit verschärft also ein gut gesteuerter Polder den Abfluss. (Der unkontrollierte Überlauf an falscher Stelle war allerdings ein Verhängnis). Aber ohne das Rückhaltebecken wäre Nierendorf noch weit stärker geschädigt worden. Und wer dennoch Risiken erkennt, und zum Defätismus neigt, möge nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Z. B. ein weiteres Becken vorschalten und eine erosionsschonende Bewirtschaftung des Einzugsgebietes unterstützen.
Allerdings müssen in jeden Damm, ob klein oder groß, „Sollbruchstellen“, also sichere Überläufe, die nicht verstopfen können und eine ausreichende Kapazität besitzen, eingebaut werden (Lehre aus Nierendorf). D. h., am Ort des vorgesehenen Auslaufs muss die Dammkrone tiefer liegen und einen sicheren Überlauf garantieren.
Besonders gefährdet ist nicht die Innenseite des Dammes, denn sie wird durch allmähliches Befüllen von dem quasi stehenden Wasser geschützt (die Strömungsgeschwindigkeit geht gegen Null).Erst das Überlaufen gefährdet durch starke Strömung die Außenwand, die gesichert werden muss.
Die Sicherung des Überlaufes ist auch beim Bau von Feldpoldern auf Ackerflächen zu beachten. Und ebenso bei Durchlässen an Straßen/Brücken. Dort sind allerdings Vorder- und Rückseite zu sichern.
Große Schäden hätten verhindert werden können, wenn ein sicherer störungsfreier Überlauf vorgesehen worden wäre, wenn mehr Wasser auf dem Acker zurückgehalten worden wäre, oder wenn in flachen Talabschnitten zusätzlich einige kleine Dämme(Rückhaltebecken) errichtet worden wären. Versäumtes ist nun zügig nachzuholen.
Ein weiterer Aspekt/Einwand ist zu bedenken – das Interesse der Unterlieger. Es könnte der Eindruck entstehen, wenn sich der Oberlieger schützt, würde der Unterlieger noch mehr geschädigt werden. Diese Befürchtung ist ebenfalls (i.d.R.) unbegründet. Denn auch hier gilt: Mehr Wasser als in ein Dorf hinein läuft, läuft nicht heraus, einerlei, ob es oberhalb geordnet abgeleitet wird, oder sich wild und zerstörerisch und ohne kommunale Regulierung kaskadenförmig durch viele Gärten und Keller windet. Allerdings addiert sich der Zufluss aus Siedlungen und Äckern zum Unterlauf fortwährend, so dass Rückhaltebecken gebraucht werden. An den Kosten sollten alle Bürger beteiligt werden, nicht nur die Anlieger.
Die Wasserrückhaltung ist also bundesweit, bzw. auf allen Ebenen, mit öffentlichen Mitteln wesentlich zu unterstützen – zumal sie nicht nur einen Ort vor Schaden bewahrt, sondern (im Gegensatz zu anderen Schutzmaßnahmen) auch viele weitere unterliegende Orte . Zudem ist in jeden Fall Vorsorge günstiger als Nachsorge und jedermann hat seiner Verantwortung gerecht zu werden.
Die erforderlichen Einschränkungen/Bewirtschaftungserschwernisse mögen von Landwirten als Belastung empfunden werden. Sie dienen aber dem Bodenschutz und stiften damit auch Nutzen für die wirtschaftenden Landwirte. Und sie schützen vor dem „Volkszorn“, der aufflammen wird, wenn nicht an den Ursachen angesetzt wird. (Der unflätige Angriff vom Bauernpräsidenten Ruckwied auf Ministerin Hendricks ist in der Sache und im Stil wenig hilfreich, denn „ wer Ahnung hat“, wird nicht bestreiten, dass der Maisanbau ohne gebührende (i. d. R. aber fehlende) Schutzmaßnahmen erheblich zur Hochwasserproblematik beiträgt).
Beim Eintritt häufiger großer Schäden, wird die Anlage von“ Bannwäldern in gefährdeten Einzugsgebieten“ gefordert werden. Doch Holz können wir nicht essen. Aber wir können und müssen erosionsschützend bewirtschaften. Das hat die Katastrophe in Nierendorf und Mehlem (jeweils Millionenschaden) und auch in Unkelbach jedem Kundigen nochmals vor Augen geführt: Die drei Dörfer und viele weitere sind nicht in „ihrem Wasser und Schlamm ertrunken“, sondern im Abfluss der zunehmend durch Intensivkulturen genutzten (aber nicht vollumfänglich nach guter fachlicher Praxis bewirtschafteten, also nicht hinreichend vor Erosion geschützten) – Fluren der oberliegenden Nachbardörfer mit jeweils großen, weit über 300ha Ackerflächen betragenden, erosionsgefährdeten Einzugsgebieten des Nierendorfer – Leimersdorfer bzw. Mehlemer Baches und vielen weiteren Bächen.
Diese Beispiele machen auch klar, dass ortsübergreifend gedacht und gehandelt werden muss. Und es ist zu diskutieren, in welchem Rahmen den Landwirten für einzufordernde und zuzumutende Erschwernisse und Einschränkungen ein Ausgleich gewährt werden muss.
Im Vergleich zur Abfluss spendenden Ackerfläche beträgt die Siedlungsfläche nur etwa ein Fünftel, so dass die Rückhaltemöglichkeiten dieser Akteure – bezogen auf den Gesamtabfluss – gering sind. Immerhin, die Kommunen können längerfristig das Trennsystem der Kanäle realisieren und die Regenwasserkanäle mit Notüberläufen (in vorgesehenen „Hochwasserstraßen“) versehen, damit kaum mehr „Rückstauschäden“ entstehen. Sie können den Versiegelungsgrad zurückführen, indem sie durchlässige Pflasterungen, wo immer möglich, anordnen und die Versickerung fördern. Sie mögen den Bau von Zisternen anordnen, die Kleinspeicherungen mit nachfolgendem Verbrauch ermöglichen, die Durchlässe durch Straßen vergrößern oder schadensfreie Überläufe sicherstellen. Und sie müssen das Abflusswasser so schadensfrei wie möglich um die Siedlungen herum oder durch sie hindurch führen, Retentionsräume erhalten oder durch Renaturierung schaffen, Dachbegrünungen fördern und die Besiedlung gefährdeter Lagen verhindern. Und selbstverständlich muss der Einzelne alles tun, damit sein Grundstück nicht stark geschädigt wird.
All diese und einige weitere Maßnahmen „sind schön und gut“ und sollten getroffen werden. Sie reichen aber bestenfalls, das „eigene Wasser“ zu beherrschen. Sie können wenig ausrichten gegen Fremdwasser aus höherliegenden, vielmals größeren Ackerflächen. Sie können den „Gelben Fluss“ nicht zähmen. Der kann nur auf dem Acker verhindert bzw. vermindert und um die Siedlungen mit Damm-Grabensystemen geleitet oder über Straßen schadlos durchgeleitet werden.
„ Beherrsche den Tropfen (auf dem Acker), den Strom bändigst du (im Dorf) nie“.
Die wichtigste Maßnahme für Kommunen ist daher der Bau von Rückhaltebecken, die allerdings weit überwiegend wiederum das Wasser vom Acker aufzunehmen haben. Insgesamt können Kommunen und Bürger nur an kleinen Schrauben drehen, so dass das Heft des (dringenden) Handelns zur Wasser- Rückhaltung vornehmlich in der Hand des Ackerbaues verbleibt/liegt. Je besser dort die Rückhaltung durch angemessene Bewirtschaftung und Feldpolder gelingt, desto geringer kann das Speichervolumen der großen Rückhaltebecken ausfallen. Desto preiswerter wird der Hochwasserschutz insgesamt.
Das Wasser in der Fläche zurückzuhalten ist der wichtigste, günstigste, umweltverträglichste und wirksamste Hochwasserschutz. Dieser Grundsatz gilt für den betrachteten Beispielsraum, aber ebenso für alle erosionsgefährdeten bzw. hochwassergefährdeten Gebiete. Insbesondere die Wasserrückhaltung durch Feldpolder gefährdeter und zugleich gefährdender Äcker ist eine zusätzliche, bisher nicht praktizierte Maßnahme, die dem Boden- und Hochwasserschutz (weltweit) dient und wesentliche Impulse zur Vermeidung künftiger Schäden geben wird – auch und vor allem dort, wo Sturzregen, wie in den Tropen und Subtropen, nicht hundertjährige Ereignisse, sondern alltägliche Ereignisse sind. Denn weltweit betrachtet ist die Erosion (die zu Hochwasser führt) die größte Gefahr für unsere Böden.
Viele der gemachten zentralen Aussagen und benannten Anforderungen wurden bisher schon im Wasserhaushaltsgesetz und anderswo formuliert (Wasser in der Fläche zurückhalten). Sie müssen nun, angesichts der sich häufenden Schäden, nachdrücklich kommuniziert werden; nicht zuletzt, damit Politiker und Akteure wissen, wo vorrangig Vorsorgemaßnahmen anzusetzen sind: Auf Äckern ist Hochwasserschutz weitaus großflächiger, effektiver (wirksamer) und effizienter (kostengünstiger) zu erreichen als in Siedlungen. Die Anlage von Feldpoldern auf Schlagrändern und von kleinen Rückhaltebecken in Talweitungen mit öffentlichen Mitteln zu fördern, ist ökologischer (Rückhaltung von wertvollem Schlamm) und ökonomischer (geringere Kosten je m3 Speicherraum) als z.B. der nachträgliche Bau von Zisternen oder der Bau von großen Rückhaltebecken; die permanente Begrünung gefährdeter Äcker ist preiswerter, als die nachträgliche Begrünung und Rückhaltung auf Garagendächern.
Über die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Wasserrückhaltung auf Ackerflächen gibt es viel zu wenige Kenntnisse – gerade bei Ingenieuren, Planern und „Vätern“ der Kommunen. Sie setzen nach wie vor auf große technische Baumaßnahmen, ohne die ökologischen, dezentralen gebührend zu beachten. So soll z. B. in Mehlem ein unterirdischer, 0,7 km langer, mit Rohren von 3m Durchmesser verbauter, nahezu 10 Mio. Euro teurer Kanal das Hochwasser, das überwiegend aus falsch bewirtschafteten Ackerflächen, u.a. aus großen Erdbeerplantagen einschl. versiegelnder Tunnel der oberliegenden Gemeinden zuströmt, in den Rhein leiten – ohne die Herkunft des Schadwassers zu „würdigen“ und die Verursacher in die Pflicht zu nehmen und dort mit Rückhaltemaßnahmen anzusetzen. Denn wenn die Bewirtschaftung sich nicht ändert und der zunehmende Anbau von Intensivkulturen weiter fortschreitet, sind auch „3m große Rohre in einigen Jahren zu klein“. Es ist also Gefahr im Verzug. In Unkelbach sollen 70000 Euro teure Verbauungen in steilen Kerbtälern (die kaum Speicherraum bieten) Hochwasser zurückhalten, das ebenfalls von großen, höherliegenden Ackerflächen stammt und nur dort erfolgreich und preiswert zurückgehalten werden kann. Und es wird dort gebraucht. Denn das, was Anfang Juni nutzlos bzw. schadensbringend abgeflossen ist, hat seither gefehlt. Wir haben also künftig der Wasserbevorratung die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken, wie der Ableitung.
Die irrsinnig teuren technischen Maßnahmen (in anderen Regionen wird ähnlich am Bedarf vorbeigeplant) bieten zudem nur lokalen Schutz. Für „Kölle am Rhein“ bringen sie keine Entlastung (ausgenommen Rückhaltebecken). Die hier empfohlenen Rückhaltemaßnahmen durch 1. angemessene Bewirtschaftung der Äcker, 2. Feldpolder und 3. kleinere und größere Rückhaltebecken (als Wasserreservoire nutzbar) sowie Renaturierungen in breiten Auenabschnitten gewähren hingegen sowohl lokalen als auch regionalen Schutz – zu einem Bruchteil der Kosten und dienen zugleich vielen ohnehin zu entsprechenden Umweltbelangen, auch einem Ausgleich des Wasserhaushaltes. Allerdings wird in vielen engen, tief eingeschnittenen Tälern/Auen kaum genügend preiswerter Speicherraum verfügbar sein, so dass das größte Rückhaltvolumen auf Feldern geschaffen werden muss. Der Speicherraum ist in kleinen Feldpoldern weitaus günstiger als in bewaldeten Kerbtälern und vor allem wird der Boden geschützt.
Es müssen also dringend sachlich fundierte Schlussfolgerungen aus den Hochwasserschäden gezogen, Devisen ausgegeben, künftige Ziele und Wege beschrieben und realisiert werden (wie dies bei der Lösung oder zumindest bei der Entschärfung der Nitratproblematik weitgehend gelungen ist). Nicht der ist der beste Hochwasserschützer, der am meisten Steuergeld ausgibt, sondern der, der es an den richtigen Ort lenkt, dorthin, wo Hochwasser entsteht, wo es effizient zurückgehalten und „wiederverwendet“ werden muss – auf dem Acker). Deshalb: „Kooperation ist der Konfrontation vorzuziehen“. Nicht gegen die, sondern mit der Landwirtschaft müssen wir vorgehen und Bündnisse schließen. Nur „gemeinsam sind wir stark“ und erfolgreich. Das verlangt aber einen Blick über den Tellerrand – von allen Seiten.
Insbesondere mit der Errichtung von Feldpoldern betreten wir Neuland. Wie immer in ähnlichen Situationen, oder bei vergleichbaren Innovationen, sind damit gewisse Unwägbarkeiten und Risiken, aber vor allem Chancen und Nutzen verbunden. Wir sollten die Chancen nutzen und „vorangehen“!!!
Gerade die Landwirtschaft sollte ihre Böden und die Landschaft pflegen, also pfleglich behandeln und sich (auch) den klimatischen und sonstigen standörtlichen Gegebenheiten, aber auch den Veränderungen fortlaufend bestmöglich anpassen. Deshalb sollte sie zusätzlich zu den bekannten Schutzmaßnahmen auch baldigst Feldpolder anlegen. Wir müssen nicht viele Jahre warten, bis sie „gründlich erforscht“ sind. Denn: „Immer und zu allen Zeiten sind die Entdeckungen durch den gesunden Menschenverstand gemacht worden und nicht durch die Wissenschaft an sich (Justus von Liebig).
Dietmar Schröder, Oedingen, Juni 2016
Auszugsweise gedruckt in: Gartenbau Profi, Sonderheft Zwiebel, 3, 2016