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Ohne Rückhaltungen bleiben die Risiken einer neuerlichen Zerstörung bestehen

29.10.2023  |  Kommentare: 0

Rückhaltung vor Durchleitung im Ahrtal als wirksamer Schutz vor künftigen Starkregenereignissen

Gewässerwiederherstellung in der Ahrregion durch den Landkreis

Der gesamte Wiederaufbau ist mit vertretbarem Aufwand nachhaltig (ökonomisch, ökologisch, sozial) nur abzusichern, wenn künftig weniger Wasser ins Ahrtal gelangt als bisher. Deshalb muss der Abfluss vorrangig im gesamten Ahreinzugsgebiet – dort, wo er entsteht – bestmöglich zurückgehalten werden. Anderenfalls kann eine ähnlich große Wassermenge wie 2021 wieder mit zerstörerischer Wucht ins Ahrtal und die Nebentäler schießen. Doch damit nicht genug.

Geschädigt werden durch Starkregen nämlich nicht nur die Gewässer, Infrastruktur und Anwohner in den Tallagen (an den Gewässern), sondern auch zahlreiche, deren Anwesen fernab jeglicher Fluss- oder Bachläufe liegen – durch direkten Zufluss von Äckern oder Wäldern. Auch sie müssen aber geschützt werden.

Das bedeutet: Kleinteilige Reparaturarbeit an Gewässern und zerstörten Objekten ist zwar notwendig, aber ohne gleichzeitige Rückhaltung nicht nachhaltig, erfolgreich und hinreichend; das gilt im Übrigen für den Objektschutz und die gesamte Infrastruktur gleichermaßen/grundsätzlich. Ein Bauarbeiter: „Die Steine, die wir jetzt ins Flussbett oder ans Ufer werfen, reißt die nächste Flut wieder weg“. Etlichen wiederaufgebauten Häusern und diversen Leitungen, Schienen und Kanälen könnte es ähnlich ergehen.

Wir dürfen also nicht vornehmlich/ausschließlich auf die Täler starren, wie das Kaninchen auf die Schlange; wir haben den Blick zu weiten auf die großen Liefergebiete. Es bedarf daher einer Gesamtplanung, vor allem über großflächige koordinierte Rückhaltung für die gesamte Ahrregion.

Damit ist im Dezember 2021 der KAHR-Verbund (Klima Anpassung Hochwasser Resilienz) beauftragt worden; nun, zur Halbzeit, ist er aber erst für die Öffentlichkeit/Bürger sichtbar geworden. Er besteht aus einem Dutzend wissenschaftlicher Institute und wird im Wesentlichen gefördert vom Bundesforschungsministerium. Ein Sprecher, Prof. Schüttrumpf, Technische Hochschule Aachen: „Wir merken, dass der Prozess im Hinblick auf Hochwasserschutz und mehr Klima Resilienz jetzt erst wirklich gestartet ist und viel länger dauert, als das vor zwei Jahren jemand gedacht hätte“. Ein weiterer Sprecher /Koordinator, Prof. Jörg Brinkmann, Uni Stuttgart warnt: „Ein nächstes Hochwasser könnte viel vom Wiederaufgebauten erneut zerstören“.

Der Verbund und alle übrigen „Schützer“ können also nur durchschlagende Erfolge erzielen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen so geändert werden, dass das Wasser, vor allem auf den großen Acker-, Wald- und Wiesen- bzw. Auen-Flächen, bestmöglich/effizient zurückgehalten werden kann. Wir haben doch gesehen und sehen augenblicklich in Südeuropa, wie sehr nicht zurückgehaltenes Wasser (Außengebietswasser) in allen Bächen, Flüssen und Siedlungen wütet und dort nicht mehr zu beherrschen ist.

Beherrsche den Tropfen, den Strom bändigst Du nie“!!!

Ist es nicht vernünftig/naheliegend/einsichtig, insbesondere die genannten Flächen (hier 80 Prozent des Einzugsgebietes), abflussmindernd zu bewirtschaften und zumindest die kritischen Areale mit kleinen Wällen zu umgeben, um dort den Großteil des Schadwassers zurückzuhalten, damit die tosende Flut nicht erneut Menschenleben gefährdet und die Infrastruktur zerstört?

Zur Orientierung: Eine 50 cm hohe Einpolderung – ob auf Feldern oder in Auen – einer ebenen Fläche (s. Reisanbau in der Poebene) kann 500 mm Niederschlag (= 500 l je m², = 5000 m³ je ha) für Tage auf Äckern, oder längerfristig in Auen (nahezu kostenlos) zurückhalten. Bei hängigen Flächen und in Auen bedarf es an der Unterseite höherer Erdwälle.

Wo und wie sollte man anderweitig so viel und so günstig Speichervolumen schaffen??? Dadurch würden auch alle Unterlieger, ob an Hängen oder in Tallagen, geschützt.

Weitere Gründung „Gewässerzweckverband“

Im Oktober 2023 soll neben dem „Kahr-Verbund“ auch noch ein „Gewässerzweckverband“ gegründet werden, in dem die Bundesländer RLP und NRW sowie Kreise, Städte und Kommunen gemeinsam Gewässerunterhaltung und Hochwasser- sowie Starkregenvorsorge betreiben sollen – zusätzlich zu den bereits bestehenden zahlreichen weiteren schon arbeitenden Gruppen, Verbünden, Organisationen und Zusammenschlüssen.

Die Federführung zur Vorsorge liegt bisher bei den Umweltministerien. Von dort, vom Steuerzahler, kommt letztlich auch das Geld. Und die Ministerien, Kreise und Kommunen haben bereits das zuständige eingearbeitete Personal. Deren Arbeit zu koordinieren, sollte ohne eine weitere Organisation/Struktur gelingen.

Sollten nicht Ministerien sowie zugehörige Dienststellen und Kreise die Koordination übernehmen? Sie sind eingearbeitet. Durch die Etablierung eines neuen „Arbeitskreis“ ginge wieder viel Zeit verloren. Die allseitige Zusammenarbeit geschieht doch bereits – oder???. Wird es nicht auch schwierig, durch Erweiterung der Institutionen den Wald vor lauter Bäumen noch zu sehen? Wollen/müssen wir nicht entbürokratisieren, rationalisieren, verschlanken, kurze Entscheidungswege, auch durch klare Rechtsverhältnisse schaffen – gerade in der Zukunftsregion? Verwaltung und Planung sind gut, doch entschiedenes Handeln ist besser. Dazu brauchen wir nicht mehr „Mundwerker“, sondern Bauern und Handwerker.

„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch tun!

„Was immer du tun willst, fang damit an“
(jeweils Goethe, gekürzt)

Wir aber wissen schon viel, tun jedoch noch zu wenig. Wenn aus verwaltungstechnischer Sicht ein Zweckverband nötig ist, sollten wenigstens die jetzt eingearbeiteten Kräfte die Führung übernehmen, damit das Wichtigste zuerst getan wird!

Rückhaltung vor Durchleitung

„Rückhaltung ist nicht alles, aber …..“ Dieser Kernsatz wurde schon oftmals ausgesprochen, aber bisher kaum realisiert.  Vielmehr standen die engen Tallagen und die dortige Durchleitung im Blick der technisch orientierten Experten. In den großenteils bebauten Talungen, sind aber kaum Rückhaltung/Vorsorge möglich, bis auf wenige Flächen, die sich zu Renaturierungen (naturnahen Rückhaltungen) eignen; möglich ist dort i.d.R. lediglich Objektschutz und beschleunigte Weiterleitung zum nächsten Leidtragenden – ansonsten nur noch Katastrophenschutz.

Das Unheil nimmt also weiterhin seinen dramatischen Lauf, wenn der bedeutsamen „gelben Flut von Ackerflächen“ nicht wirksam begegnet wird – auch wegen falsch verstandenem/gewährtem Eigentumsschutz. Selbstverständlich muss auch in den Siedlungen Rückhaltung betrieben werden; doch die Siedlungsflächen betragen nur 10 Prozent der Gesamtfläche, erhalten also nur 10 Prozent des bedrohlichen Starkregens.

Rechtsrahmen ist zu aktualisieren

Deshalb sind nun die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit vor allem die großen Flächen der gesamten Region von der oberen bis zur unteren Ahr (auch an der unteren Ahr muss aus vielen Gründen zurückgehalten werden) für die Rückhaltung zügig in Anspruch genommen werden können – denn bisher verhindern oftmals bockige Eigentümer rasche und effiziente Lösungen (wenn heute ein Eigentümer „net“ sagt, kann morgen ein ganzes Dorf erneut unter Wasser gesetzt werden). Auf einen angepassten Rechtsrahmen ist auch die Kahr-Gruppe angewiesen, denn sie muss wissen/modellieren, wo sie wieviel Wasser zwischenspeichern kann und darf, denn verbesserte Durchleitungen schaffen nur punktuell Entlastung, belasten aber alle Unterlieger weiterhin.

Das Wasserhaushaltsgesetz, sowie einschlägige Richtlinien und Verordnungen sind folglich der aktuellen Bedrohungslage anzupassen. Insbesondere müssen alle Eigentümer/Bewirtschafter großer Grundstücke zur bestmöglichen zumutbaren Rückhaltung verpflichtet werden (wie heute schon die Wirtschaftsunternehmen bei der jetzigen Bebauung von Grundstücken und im Übrigen alle Bürger – doch noch nicht die Bauern). Diese Regelungen müssen so grundsätzlich und eindeutig getroffen werden, dass nicht „Einzelfallentscheidungen“ eine Fundgrube für Anwälte und Gerichte werden.

Die Gesetze sind für die Bürger da und nicht die Bürger für die Gesetzestexter, d.h., Gesetze können geändert werden, wenn sie ihr Verfallsdatum erreicht haben – und das ist hier der Fall.

Wenn jeder Eigentümer bestmöglich zurückhält, fließt kaum mehr Fremdwasser in andere Grundstücke und damit deutlich weniger Oberflächenabfluss ins Gewässernetz.

Das Gemeinwohl ist zu beachten: Eigentum verpflichtet 

Bisher wurde dem „frei fließenden“ schädigenden Abfluss aber überwiegend freier Lauf gelassen, oder Abfluss wurde in Gräben abgeleitet.  Angesichts der zunehmenden Starkregen sind sie allein dazu erstens aber nicht mehr in der Lage und halten zweitens auch nicht genügend Wasser zurück; sie sind drittens auch (illegitim) bereits verbreitet in Nutzung genommen worden. Daher müssen an ihrer Stelle (oder zusätzlich) wo darüber hinaus nötig, Erdwälle (Feldpolder) zur zeitweiligen Rückhaltung und Ableitung errichtet werden (die weitere Nutzung der Grundstücke wird nur randlich und nur selten gestört und muss selbstverständlich entschädigt werden), zumeist wohl durch ein Pachtverhältnis für die kleinen Areale, die die Wälle einnehmen.

Die Eigner haben diesen Schutz zu schaffen oder öffentliche Maßnahmen zu dulden – denn durch Ackernutzung im Vergleich zu natürlicher Vegetation ist der Abfluss deutlich verstärkt worden (Verursacherprinzip anwenden). Andernfalls (sofern die derzeitige Rechtslage nicht reformiert wird), muss der Anbau erosionsfördernder, hochrentabler Kulturen eingeschränkt, untersagt oder unter strenge Auflagen und Aufsicht gestellt werden (aktualisierter Erosionsschutz). Wenn das geschieht, haben auch die sprödesten Zeitgenossen rasch ein Einsehen.

Agrarflächen müssen künftig also erstens abflussmindernd bewirtschaftet werden, zweitens mindestens in gefährdeten Lagen mit kleinen Erdwällen zur zusätzlichen Rückhaltung umgeben werden (Feldpolder), des Weiteren drittens durch kaskadenförmig angeordnete Auenpolder ergänzt werden, und viertens – wo möglich, sind auch größere Rückhaltebecken vorzusehen.

Durch diese vier dezentralen nachhaltigen komplexen Rückhaltemaßnahmen ist ein beträchtlicher Schutz der gesamten Ahrregion (und vergleichbarer Regionen) möglich. In Forstflächen sind ebenfalls alle möglichen Rückhaltungen und entsprechende Bewirtschaftungen vorzunehmen. Der verbleibende Abfluss kann dann vom wiederhergestellten/optimierten Gewässernetz schadlos abgeführt werden.

Insbesondere darauf wird auch die KAHR-Gruppe abzielen müssen.

Erfahrungsgemäß behindern aber unverhältnismäßige, den Folgen der Klimaänderung nicht mehr angemessene Eigentumsrechte die rasche Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen. Deshalb müssen die Ministerien der KAHR-Gruppe und anderen Akteuren Rechtsbeistand gewähren und zudem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen, praxisorientierten Sachverstand beisteuern. Denn es müssen große Nutzflächen für die Rückhaltung in Anspruch genommen, wasserrückhaltend und zugleich erosionsschonend bewirtschaftet und teilweise eingepoldert werden.  Dazu bedarf   es autorisierter, juristischer „bodenständiger“ Willensbekundung und Unterstützung.

Werden diese Aspekte nicht schon jetzt beachtet, ist eine zügige Umsetzung erforderlicher Maßnahmen nicht gewährleistet. Auf „Freiwilligkeit, Einsicht, Kooperationsbereitschaft usw.“ bei allen Grundstückseigentümern können wir nicht hoffen und warten.

Und was bisher an öffentlich großzügig geförderten (durchleitenden technischen kostenträchtigen) Schutzmaßnahmen (durch Nichtlandwirte) umgesetzt wurde, ohne das Übel bei der Wurzel zu packen, stimmt nicht zuversichtlich. Das können und wollen Steuerzahler nicht mehr bezahlen (s. z. B. Millionen-Ausgaben in Mehlem und Werthofen (NRW) für innerörtliche Baumaßnahmen – (selbst ein Beteiligter der Kommune „hätte sich eine Genehmigung der Summe nicht vorstellen können“). Stattdessen hätten billige Rückhaltungen in Betracht gezogen werden können, die zugleich nachhaltig, ökologisch und dezentral ausgerichtet sind. 

Professor Dietmar Schröder 6.9.2023



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