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21.04.2023 | Kommentare: 1
Beitrag per Email empfehlenDie Frage, wie sich Wasser nach Starkregenereignissen in der Fläche – im Wald, auf Feldern, in Weinbergen – speichern oder länger zurückhalten lässt, ist zentral für Strategien, um Schäden bei Hochwasser oder Sturzfluten zu verringern oder möglichst zu vermeiden.
Die Frage ist zugleich für das andere Extrem relevant: Bei Hitze, Trockenheit und Dürre ist ebenfalls wichtig, dass Wasser als rares Gut in Böden einsickert und nicht oberflächlich abfließt. Dieser Themenkomplex beschäftigt auch die Enquete-Kommission „Katastrophenvorsorge“ des rheinland-pfälzischen Landtags, die jetzt zu einer Exkursion im Ahrtal unterwegs war.
Hochwasservorsorge beginnt auf den Höhen. Ein strukturreicher, klimarobuster Mischwald samt starkem Wurzelwerk ist gut für den Boden und dessen Fähigkeit, Wasser aufzunehmen. Das Wegenetz im Wald begünstigt, dass große Mengen an Regenwasser oberflächlich in Richtung Tal ablaufen. Im Forstrevier Boos oberhalb des Ahrtals begegnet man diesem Problem unter anderem mit Rigolen, die in quer zum Hang verlaufenden Wegen eingebaut werden. Sie sind in regelmäßigen Abständen mit grobem Schotter angelegt, hangseitig kann Wasser durch sie unterhalb des Weges durchsickern, auf der anderen Seite wird es flächig in den Wald geleitet. Eine kleine, durchaus effektive Maßnahme, um Regen zurückzuhalten und Bodenerosionen zu verhindern.
Um effektiv und flächendeckend Wasser im Wald zu halten, müssten alle Waldbesitzer – Staat, Kommunen und Private – gleichermaßen aktiv werden, erklärt Axel Schneider, Leiter des Forstreviers Boos. Ohne Unterstützung, wird im Lauf dieser Exkursion mehrfach betont, wird es nicht gehen, wenn die Vorsorge für Hochwasser und Dürren verbessert werden soll. Weder in der Forstwirtschaft noch bei den Landwirten und Winzern.
In der landwirtschaftlich geprägten Grafschaft geht es am Ortsrand von Bengen darum, wie Wasser idealerweise in der Fläche gehalten werden könnte. Rings umher liegen Felder mit einem deutlichen Gefälle – die Gefahr von Bodenerosionen ist also groß. SGD-Abteilungsleiter Gerke nennt Möglichkeiten zum Gegensteuern: Brachliegende Flächen sollten verhindert werden, idealerweise Dauergrünland angelegt werden, die Fruchtfolgen auf den Feldern verändert und zudem Blühstreifen, Hecken oder auch kleine Wälle angelegt werden, um abfließendes Wasser zu verlangsamen, empfiehlt er. Dass dies mit finanziellen Einbußen bei den Landwirten verbunden ist, macht Gerke ebenfalls klar. Hier könnten veränderte Rahmenbedingungen und ein Abbau von Bürokratie helfen – und ein finanzieller Ausgleich: Hochwasservorsorge bezeichnet er als eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.
Ähnlicher Meinung ist der Sachverständige Prof. Dr. Daniel Müller vom Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in der Transformationsökonomie. Er sieht die Landwirtschaft vor einer „gesellschaftlichen Herausforderung, um gegen Treibhausgasfolgen vorzugehen“. Sie sei in einem Spannungsfeld: Zum einen sei der Landwirtschaftssektor maßgeblich bei der Emission von klimaschädlichen Gasen, und zugleich leide die Landwirtschaft stark unter den Folgen wie Starkregen, Dürre oder auch einem erhöhten Risiko von Ernteausfällen. Man müsse zu einer klimaangepassten Flächennutzung kommen, sagt Daniel Müller und nennt unter anderem ähnliche Beispiele wie zuvor Joachim Gerke – allerdings auch im Hinblick auf Trockenphasen.
Unterm Strich müsse ein Umdenken im Wassermanagement erfolgen. Das Ziel: Wasser in der Fläche halten. Bei Starkregen wie auch bei Dürre.
Standorte für Polder und Becken identifizieren
Im Newsletter zum Wiederaufbau des Landes Rhenland-Pfalz vom 20.06.2023 wird darüber berichtet, dass im Rahmen des eine erste Abschätzung bez. der maximalen Rückhaltepotenziale für die Land- und Forstwirtschaft, Weinbau und Siedlungsflächen durchgeführt wurde.
Die laut KAHR wissenschaftlich gewonnene Erkenntnisse: Unter den für die Rückhaltung bedeutsamen Freiräumen besitzen Waldflächen die größten Potenziale, wenn langfristig ein dichter, natürlicher Baubestand entwickelt wird. Zudem wurden über eine Geländeanalyse geeignete Standorte für Polder und Hochwasserrückhaltebecken identifiziert.
Für einzelne, konkrete Maßnahmenvorschläge liegen bereits erste Hochwassermodellierungen und potenzielle Speicherkapazitäten vor.
Diese Erkenntnisse wurden in zahlreichen Fällen bereits zum früheren Zeitpunkt gewonnen.
u.a. hat Professor Dietmar Schröder bereits vor der Flutkatastrophe auf die Wirksamkeit und Vermeidung von Überflutungen durch Regenwasserrückhaltung in der Fläche hingewiesen.