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„Warninfrastruktur war nicht auf diese Art Extremereignis ausgerichtet“

27.01.2024  |  Kommentare: 0

Landkreise erwarten zukünftig mehr Starkregenereignisse

Erste Ergebnisse aus Forschungsprojekt zur Flutkatastrophe im Ahrtal

Bereits fünf Monate nach der Flutkatastrophe hat das Bundesforschungsministerium ein Projekt zum Thema Krisenkommunikation angestoßen. Jens Reinert, wissenschaftlicher Mitarbeiter von der Uni Aachen, berichtet über erste Konsequenzen und wie Hochwasserwarnungen künftig besser werden können.

Was ist denn während der Flutkatastrophe schiefgelaufen?

Jens Reinert: Es war ein sehr intensives und damit auch überforderndes Hochwasserereignis. Nicht nur die Mess-, sondern auch die Warninfrastruktur war nicht auf diese Art Extremereignis ausgerichtet. Daher ist die Hauptbotschaft: Es gibt Nachholbedarf auf vielen Ebenen der Warnung und Bewältigung.

Was sollte getan werden, um in Zukunft besser vorbereitet zu sein?

Reinert: Es muss dafür gesorgt werden, dass die Messinfrastruktur zur Gewährleistung der notwendigen Datengrundlage bei Extremereignissen ausfallfrei funktioniert. Zudem müssen die Ergebnisse von Hochwasservorhersage und Warnung in geeigneter Weise interpretiert werden können. Das schließt die Behörden und den Katastrophenschutz ein, die warnen und die Lage bewältigen müssen. Aber auch die Bevölkerung muss klare, nachvollziehbare und eindeutige Informationen erhalten.

Können Sie das an an einem Beispiel verdeutlichen?

Reinert: Nicht nur die Liter pro Quadratmeter Niederschlag, Abflusskennwerte, Wasserstände oder Wiederkehrzeiten von Hochwasserereignissen sollten als Informationsgrundlage zur Verfügung gestellt werden, sondern auch hilfreiche und verständliche Warngrößen.

Welche Warngrößen sind das?

Reinert: Eine Möglichkeit sind sogenannte Impact-Vorhersagen. Also die Vermittlung von Informationen zu Konsequenzen, die sich aus einer Vorhersage ergeben. Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, welche Gebiete betroffen sind, ob sie das Haus schützen müssen, ob sie nicht mehr in den Keller gehen dürfen, ob sie das Tal verlassen müssen und wenn ja, ob sie das noch mit dem Auto machen können. Wichtig ist das Wissen, was bei Extremhochwasser zu tun ist. Dieses Wissen war größtenteils nicht vorhanden, weil es größtenteils keine Vorbereitung auf ein derartiges Ereignis gab.

Wo würden Sie ansetzen?

Reinert: Bis vor einigen Jahrzehnten war es noch vermehrt üblich, dass man Gefahrenlagen in der Schule übt. Heute kennen wir an der Stelle noch die Brandschutzübungen. Ein ähnlicher Standard wäre in Bildungs- und Arbeitsstätten hinsichtlich der Hochwasserbewältigung gut, insbesondere in Bereichen, die potenziell betroffen sind.

Wie könnte eine Vorbereitung aussehen?

Reinert: In Zeiten, in denen es kein Hochwasser gibt, sollten vorbereitende Maßnahmen, also auch die Informationsvorsorge, so erfolgen, dass ich im Fall der Fälle anhand nachvollziehbarer Warninhalte etwas aktiviere, was vorher geübt, gelernt und verstanden worden ist. Man kann nicht erwarten, dass wir perfekte Warninhalte auf Basis von perfekten Vorhersagen definieren und dann alle Menschen wissen, was sie zu tun haben. Wir sind auf die Sensibilisierung und Wissensvermittlung der Bevölkerung angewiesen. Dazu gehören die Schulen, aber auch alle Menschen, die in besonders exponierten Mittelgebirgsregionen und weiteren potenziell gefährdeten Bereichen leben und arbeiten. Ich muss mir des Risikos bewusst sein. Der Überraschungseffekt war deshalb so groß, weil die Region bisher von derart extremen Hochwasser-Situationen verschont geblieben war.

Quelle: General-Anzeiger online, 25.01.2024



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