Die Umsetzung sei ja bereits im Gange. Die Kreisverwaltung habe dies zwischenzeitlich in Angriff genommen, erste Planungsaufträge für Bereiche, die als dringlich erkannt wurden, seien längst erteilt. An besonders kritischen Stellen fanden und finden Sohl-Räumungen statt. Das bedeute, dass hier Ablagerungen im Gewässerbett gezielt ausgebaggert werden. Auch die Planung und Weiterentwicklung zur Umsetzung von überörtlichen Hochwasser- und Starkregenvorsorgemaßnahmen ist in Arbeit. Ein solches Projekt sei wegweisend, weil es das gesamte Einzugsgebiet der Ahr bis in den Vulkaneifelkreis und länderübergreifend den Kreis Euskirchen umfasst. Anders als an vielen anderen Flüssen in der Eifel besteht im Einzugsgebiet der Ahr die Herausforderung darin, auch die vielen bedeutenden Teileinzugsgebiete, wie Trierbach, Sahrbach oder Kesselinger Bach im Blick zu behalten.
Im Bereich von Reimerzhoven hat man die Straße direkt bis an den Fluss geführt. Bei einer neuen Flut könnte der darunter liegende Ort die Folgen dieser Einengung zu spüren bekommen. Der Fluss fließt dort so doch eher noch schneller….
Diese Annahme verkennt, dass am rechten Ahrufer noch die zerstörte Kläranlage rückgebaut werden müsse, so Treis. Damit biete sich dann auch hier die Möglichkeit einer Aufweitung des Abflussbereiches. Zunächst müssen dort aber die Widerlager der beiden Viadukte durch die Bahn und den LBM saniert werden. Alles muss zeitlich sinnvoll verzahnt geschehen.
Müssen für eine Senkung des Risikos nicht oberhalb des Ahrverlaufes Maßnahmen ergriffen werden?
Treis: Die Tunnel in Altenahr haben in der Katastrophennacht als Entlastungsstollen gewirkt. Das Hochwasser ist durchgeschossen und hat die unterhalb liegende Auffahrtrampe zum Tunnel mitgerissen. Eine Senkung des Risikos für Reimerzhoven muss also oberhalb des Tunnels ansetzten. Das ist eine echte Herausforderung, da die Ahr hier vor dem engen Bogen direkt auf das Tunnelportal zuschießt. Das Gewässerwiederherstellungskonzept der Kreisverwaltung sieht hier eine Aufweitung des Abflussquerschnittes vor – soweit das überhaupt möglich ist Die Brücken der Bahnlinie und des Radweges werden mit größeren Durchflussquerschnitten wieder hergestellt.
Einerseits werde ein Kleinod wie die Nepomukbrücke in Rech abgerissen, andererseits würden an anderer Stelle „gigantische Erdmassen flussaufwärts abgelagert“, lautet ein weiterer Vorwurf. Wenn sich diese Erdmassen bei der nächsten Flut in Bewegung setzten, versinke Rech im Schlamm.
Treis: Bei den von Ihnen genannten Erdmassen handelt es sich um Ablagerungen, die durch die Flut unterhalb des Ortes entstanden sind. Sie wurden in den ersten Wochen nach dem Hochwasser durch die Gemeinde ausgebaggert und auf die Burgwiese gebracht. Was jetzt zu sehen ist, dient der Herstellung der ursprünglichen Geländehöhen. Die Verbandsgemeindeverwaltung hat mir bestätigt, dass der Abtransport der Bodenmassen bereits ausgeschrieben ist. Rech ist übrigens ein gutes Beispiel, um die immer wieder vorgebrachten Behauptungen, alles würde 1:1 wieder aufgebaut werden, zu widerlegen. Die Häuser im Bereich der Brückenstraße werden nicht wieder aufgebaut. Es wird dem Schicksal der betroffenen Menschen nicht gerecht, zu behaupten, sie hätten nichts aus dem Hochwasser gelernt.
Sind das Land, die SGDN, die ADD, der Kreis und die Städte und Gemeinden konzeptionell auf ein neues Hochwasserereignis eingestellt?
Treis: Natürlich sind wir das. Hochwasser- und Starkregenvorsorge zu verbessern ist ein permanenter Prozess. Wir beginnen doch nicht erst mit Hochwasservorsorge, wenn ein schädliches Hochwasser passiert ist. Es gibt viele Informationen und Hilfestellungen für die von Hochwassern bedrohten Menschen im Ahrtal, um sich frühzeitig auf ein kommendes Hochwasser einstellen zu können. Man darf aber nicht die Illusion nähren, dass man sich vor jedem Hochwasser schützen kann.
Die Kriterien des Wiederaufbaufonds konterkarieren mit der 1:1-Wiederaufbau-Vorschrift ihren eigenen Anspruch, nachhaltigen Hochwasserschutz und nachhaltige Hochwasservorsorge zu garantieren. Sehen Sie das auch so?
Treis: Natürlich gibt es Fälle, wo Vorschriften gute Lösungen behindern, übrigens gehören auch Forderungen von Versicherungen dazu. Aber wir versuchen in jedem Einzelfall, der uns bekannt wird, den Menschen bei der Suche nach gangbaren Wegen zu helfen. Das gelingt uns in der Mehrzahl der Fälle. Die Menschen haben verstanden und wissen, dass die Ahr im eng bebauten Tal mehr Raum braucht. Klar ist: Der Prozess der Veränderung durch die Gewässerwiederherstellung, aber auch der Brückenbau oder die Vorlandgestaltung in den Orten wird noch einige Jahre sehr dynamisch sein.